Israel:Nachts im Osten

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Zwei Partys, eine Radiosendung: In Tel Aviv und in Kreuzberg wird getrunken und Musik aufgelegt, DRadio Wissen überträgt. (Foto: Ben Palhov)

Zwei Partys, eine Sendung: Deutschlandradio feiert gleichzeitig in Berlin-Kreuzberg und in Tel Aviv die deutsch-israelische Freundschaft. Ein Festbesuch.

Bevor gefeiert wird, kommt noch das Pflichtprogramm. Die Nachrichten um 21 Uhr, dann das Wetter: "Im Süden wird es weniger sonnig und mehr als 30 Grad warm." Und im Osten, also in Berlin zum Beispiel, oder auch im Nahen Osten? Da wird es noch heißer, garantiert - und hören kann man das sofort nach den Nachrichten im DRadio Wissen, als umgeschaltet wird nach Tel Aviv und dann nach Kreuzberg: Stampfende Rhythmen, super Stimmung, die Party ist in vollem Gange im "Kuli Alma"-Club in der israelischen Metropole und natürlich auch im Berliner "Prince Charles".

Drei Stunden interkontinentales Party-Hopping live im Radio - auch so lässt sich eine Freundschaft feiern, die in diesem Jahr ansonsten oft in eher trockenen Tönen gepriesen wurde. Das Jubiläum "50 Jahre deutsch-israelische Beziehungen" hat manchen Reden-Tsunami provoziert, dazu noch Delegationsreisen und Präsidenten-Besuche, und auch im Deutschlandradio wurde das Thema immer wieder mit nötigem Ernst und Schwere behandelt. Doch weil jenseits aller historischen Last heute auch die Party zur Partnerschaft gehört, wird nun, wie es der Sender verlauten lässt, als "Höhepunkt und Abschluss" der Jubiläumssendungen eine Clubnacht gefeiert.

Der Titel: "Charles & Alma", was nach einer Hochzeit klingt, und tatsächlich feiern hier zwei Städte in zwei Clubs zusammen ein Fest. In schönster Eintracht wird das mit wechselnden Live-Schaltungen nicht nur vom digitalen Jugendsender DRadio Wissen, sondern auch vom israelischen Sender 88FM übertragen. Und in Berlin legen zwei israelische DJs auf, während gleichzeitig in Tel Aviv das Berliner DJ-Duo "Beathoavenz" an den Plattentellern steht.

Dass sie hier als Botschafter im musikalischen Dienst beschäftigt sind, ist den beiden sehr bewusst. "Wir repräsentieren Deutschland und Berlin", sagt DJ Perry, der im richtigen Leben Tomas Schmidt heißt. "Dass die Beziehungen 70 Jahre nach dem Holocaust an diesem Punkt sind, ist mehr als schön", lobt er. Aber zu offiziell will er dann auch nicht werden. Als die Anfrage kam, hat er vor allem gedacht: "Oi, da hab ich Bock drauf." Und in dieser Stimmung steht er dann am Abend zusammen mit seinem Partner DJ Smoli auch auf der klitzekleinen DJ-Bühne im Kuli Alma und bringt mit den besten Grüßen aus Berlin den Tel Aviver Club zum Kochen.

Drei Stunden Party live im Radio: "Schalom, Hi und Hallo jetzt wieder aus Berlin."

Schließlich verstehen sich die beiden Städte als Schwestern im Geiste und im Feiern. Ausgiebig betont wird das natürlich auch in der Radioübertragung, denn in beiden Clubs finden die dort vertretenen Moderatoren immer wieder Interview-Partner, die den "Vibe", die "Kreativität" und die "Coolness" der beiden mindestens kongenialen Metropolen zu preisen wissen. Sie tun das auf Deutsch, Hebräisch oder Englisch, was bei aller Authentizität auch die Gefahr birgt, dass der Hörer verloren gehen könnte im babylonischen Sprachgewirr. Aber im Zentrum der Übertragung steht ja ohnehin die Musik, und das ist eine Sprache, die von allen verstanden wird.

Im Kuli Alma sitzen die beiden israelischen Moderatoren in einem nicht gerade schallgeschützten Durchgang zwischen Hof und Tanzfläche. Die Clubbesucher schieben sich hochhackig oder in Flip-Flops an den auf einem Gartentisch platzierten Übertragungsgeräten vorbei, und auch die durchziehenden Marihuana-Schwaden machen das Arbeiten nicht unbedingt leichter. Aber alle 20 Minuten wird ja umgeschaltet, dann meldet sich der Kollege mit "Schalom, Hi und Hallo jetzt wieder aus Berlin". Nach drei Stunden heißt es schließlich für den Hörer "Leila Tov" und "Gute Nacht". Doch im Kuli Alma in Tel Aviv und im Prince Charles in Berlin ist die Nacht natürlich noch lang.

© SZ vom 31.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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