Süddeutsche Zeitung

MPEG-Rechtsstreit:ARD-Tochter scheitert mit 280-Millionen-Klage

Lesezeit: 1 min

Von Kathrin Müller-Lancé

Klage abgewiesen: Das Institut für Rundfunktechnik (IRT), dessen Hauptbetreiber ARD und ZDF sind, ist vor dem Landgericht Mannheim gescheitert. In einem Zivilverfahren hatte das Institut knapp 280 Millionen Euro von der italienischen Patentverwertungsfirma Sisvel gefordert.

Dem Urteil gingen ein langer Rechtsstreit sowie der vermutlich größte finanzielle Fehlgriff in der Geschichte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks voraus. Denn ARD, ZDF und Deutschlandradio sind Gesellschafter des IRT, einer Einrichtung, die zur Technik von Hörfunk, TV und Internet forscht. Vor Jahren hat das Institut die für MP3-Player wichtige und lukrative MPEG-Technologie mitentwickelt. Vom Milliardenerlös für die Patente hat es aber sehr wenig abbekommen. Deshalb zog das Institut gegen den italienischen Patentverwerter und einen deutschen Patentanwalt vor Gericht.

Vor dem Landgericht Mannheim bezichtigte das IRT den langjährigen Partner Sisvel der "vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung". Sisvel und der Patentanwalt hätten den Großteil der Erlöse widerrechtlich für sich abgezweigt, auf Kosten des Instituts. Mehr als 200 Millionen Euro sollen dem Institut laut dessen Berechnung bei der globalen Vermarktung der MPEG-Technologie vorenthalten worden sein. 60 Millionen Euro davon zahlte der Patentanwalt nach einem 2018 abgeschlossenen Vergleich. Nach der Abweisung der Klage in Mannheim scheint sich das IRT - und somit auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk - zunächst damit begnügen zu müssen.

Als Mitgliedschafter des IRT sei man "sehr überrascht", dass das Landgericht Mannheim die Klage "ohne jegliche Beweisaufnahme" abgewiesen habe, teilte der Bayerische Rundfunk am Dienstag mit. Der Sender kümmert sich in der ARD um den Fall. Man warte nun die ausstehende Urteilsbegründung ab, gehe aber davon aus, dass gegen die Entscheidung Berufung beim Oberlandesgericht Karlsruhe eingelegt wird. Vonseiten des italienischen Patentverwerters hieß es, man begrüße die Entscheidung, mit der festgestellt werde, dass Sisvel sich korrekt verhalten habe. Kürzlich hatte die Staatsanwaltschaft München die Ermittlungen gegen ehemalige Sisvel-Geschäftsführer eingestellt. Ein Verfahren vor einem italienischen Gericht wurde Ende 2018 beendet. Sisvel sei nichts vorzuwerfen, da das IRT eigenverantwortlich entschieden habe, eine Fixvergütung statt einer Umsatzbeteiligung erhalten zu wollen.

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Quelle:
SZ vom 18.09.2019
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