Kim Frank:"Ich habe nichts gemacht, nur um stattzufinden"

Mit der Band "Echt" wurde Sänger Kim Frank in den Neunzigern berühmt. Jetzt zeigt das ZDF sein Spielfilmdebüt.

Interview von David Denk

Wach bleiben, so lange es geht - die Freundinnen C. (Jana McKinnon) und Nike (Alli Neumann), beide 17, haben einen Plan, der sie, ganz ohne Drogen, auf einen rauschhaften Roadtrip führt. Wach ist der Debütfilm von Kim Frank, 36, als Teenie Sänger der Band Echt, der sich als Regisseur von Musikvideos profiliert hat und bei Wach unter anderem für Buch, Inszenierung, Kamera, und Schnitt verantwortlich war.

SZ: Kim Frank, sind Sie ein Kontrollfreak?

Kim Frank: Ja, schon. In meinem Jahreshoroskop stand, dass ich lernen muss abzugeben. Das habe ich mir wirklich zur Aufgabe gemacht. Gleichzeitig ist es fast schon eine Philosophie, dass ich mir das Schneiden und die Kameraarbeit beigebracht habe, weil ich überzeugt bin, dass dieses Wissen die Zusammenarbeit mit den sogenannten Profis erleichtert. Es gibt aber auch ganz praktische Motive: Caster und Location Scout war ich bei Wach aus Kostengründen, die Kamera habe ich gemacht, um näher an den Schauspielern zu sein, und geschnitten habe ich den Film, weil es mich anstrengt, im Schneideraum neben Cuttern zu sitzen und zu denken: Alleine wäre ich schneller. Insbesondere beim Musikvideo ist Zeit ein wichtiger Faktor, weil zwischen Drehstart und Veröffentlichung nur zwei, drei Wochen liegen.

Warum haben Sie sich jetzt entschieden, Ihr Langfilmdebüt zu drehen?

Ich habe mich nicht jetzt entschieden, sondern vor sieben Jahren. Es ist nur immer an der Finanzierung gescheitert. Vor Wach gab es mehrere Projekte, jedes Jahr über Weihnachten habe ich was Neues geschrieben und im nächsten Jahr versucht, es zu realisieren. Ich hatte mit richtig fetten Produzenten zu tun. Bei jedem Anlauf hatte ich das Gefühl, dem Ziel näher zu kommen und dann ging es in letzter Sekunde doch wieder schief. Da hatte ich schon Angst, dass mich das auf Dauer schwer frustriert.

Copyright: ZDF/Clara Nebeling, Honorarfrei - nur für diese Sendung bei Nennung ZDF und Clara Nebeling.

Vom Popstar zum Regisseur: In den Neunzigerjahren war Kim Frank mit seiner Band Echt („Du trägst keine Liebe in dir“) sehr erfolgreich. Danach drehte er vor allem Musikvideos. Wach ist sein erster langer Spielfilm.

(Foto: Clara Nebeling/ZDF)

Was haben Sie aus dieser Phase gelernt?

Ich habe mit Löwen gekämpft, das war dumm. Wenn du eine Idee hast, für die du noch nicht die nötige Power hast - pack sie in die Schublade, erzähl keinem davon, das geht schief.

Finanziert hat den Film letztlich das Kleine Fernsehspiel des ZDF gemeinsam mit Funk. Wie kam es dazu?

Ich habe eine Mail an info@ geschrieben, nachdem Freunde mir von Funk erzählt hatten - mein Ernst. Und als sie sich auf das Experiment eingelassen hatten, ging es megaschnell. Vom ersten Meeting bis zur Ausstrahlung dauerte es gerade mal ein Jahr.

Die Idee stammt von Hannah Sioda, mit der Sie Wach geschrieben haben. Warum sind Sie drauf angesprungen?

Ich habe auf Island mal zwei Mädchen kennen gelernt, 14 und 15, die schon im Entzug waren, schon in der Psychiatrie. Ich mochte die sehr, die hatten eine tolle Energie. An diese Begegnung fühlte ich mich erinnert. Hannah hatte sich vorher schwer getan, weil sie sich immer fragte, warum Nike und C. das alles machen. Als sie mir das erzählte, dachte ich: Weil sie jung sind - die brauchen keinen Grund. Diese jugendliche Anarchie, verbunden mit der Sehnsucht, aus der Langeweile auszubrechen, sich zu spüren, fand ich spannend.

Wieso erzählen Sie nicht aus Ihrer Lebenswirklichkeit, der eines Mittdreißigers?

Für mich war es schwer, mit meiner Jugend abzuschließen, dieser ungestümen Absolutheit weine ich noch ein bisschen nach und drehe auch deswegen so gern mit jüngeren Künstlern. Trotzdem würde ich sagen, dass ich nicht versucht habe, die heutige Jugend abzubilden, das würde ich mir nicht anmaßen. Vieles in dem Film orientiert sich an den 90ern; die Wohnung von C. hat die Set-Designerin der Wohnung nachempfunden, in der ich selbst aufgewachsen bin. Ich hoffe, dadurch, dass die Welt des Films in sich stimmig ist, wirkt sie authentisch und zeitgemäß.

Wach

Hauptsache nicht ins Bett gehen: In einem angesagten Club schlagen sich Nike (Alli Neumann, l.) und C. (Jana McKinnon) die Nacht um die Ohren.

(Foto: Clara Nebeling/ZDF)

Ist Ihre erste Karriere als Popstar für die zweite eher Hypothek oder Kapital?

Beides. Beruflich ist es Kapital, weil ich aus einem großen Erfahrungsschatz schöpfen kann, kreativ, geschäftlich, zwischenmenschlich. In der öffentlichen Wahrnehmung aber stört mich, dass ich immer wieder in die Promi-Ecke gedrängt werde. Dabei habe ich nach Echt keine Shows moderiert, war nicht bei Big Brother; man muss meine Filme nicht mögen oder meinen Roman, aber ich habe nichts gemacht, nur um stattzufinden, bekannt zu sein. Das lasse ich mir nicht vorwerfen. Manchmal fühle ich mich wie ein kleiner Junge, der Schimpfe kriegt, aber nicht weiß wofür.

Wach, ZDF, 0.05 Uhr, abrufbar auch auf funk.net und Youtube.

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