Interview:Bauchgefühl

Die "Crowdspondents" berichten auf Spendenbasis aus verschiedenen Ländern, waren in Brasilien und Japan. Nun wollen sie, anders als geplant, zum zweiten Mal in Deutschland recherchieren. Warum?

Von Benedikt Frank

Die Crowdspondents um Lisa Altmeier und Steffi Fetz, beide 28, waren vor der Fußball-WM in Brasilien unterwegs und nach Fukushima in Japan. Nun haben sie wieder per Crowdfunding Geld gesammelt, um als Korrespondenten ihrer Förderer zu berichten. Ein zweites Mal über Deutschland - anders als es ursprünglich geplant war. SZ: Frau Altmeier, warum haben Sie ihre Pläne geändert und berichten nun nach 2014 schon wieder über Deutschland?

Lisa Altmeier: Nach unserer Rückkehr aus Japan haben wir gemerkt, dass sich das Land sehr verändert hat. Uns wurde bewusst, dass die Stimmung extremer geworden ist. Die Leute beschimpfen sich online viel mehr. 2014 gab es weder die Willkommenskultur noch die Gegenbewegung.

Und das ist wichtiger als etwa der Brexit?

Der Brexit ist ebenfalls wichtig, aber ich nehme in den Medien eine gewisse Überheblichkeit anderen Ländern gegenüber wahr. Nach dem Motto "Die spielen ein bisschen verrückt". Bei uns ist der Mainstream-Gedanke, dass bei der Bundestagswahl schon alles beim Alten bleiben wird. Wir wissen nicht, ob das stimmt. Darum wollen wir noch mal genauer hinschauen.

Die Wahl ist doch erst in einem Jahr.

Wir haben das Bauchgefühl, dass jetzt ein guter Zeitpunkt ist, weil man sich jetzt noch langfristiger damit auseinandersetzen kann. Zwei Monate vor der Wahl wäre für uns zu spät.

Wie ist dieses Bauchgefühl entstanden?

In unserem Umfeld können sich immer weniger Leute überhaupt noch miteinander über Politik unterhalten. Ein Leser hat uns zum Beispiel geschrieben, dass er das Thema in seinem Bekanntenkreis ganz ausspart, weil die Gräben schon so tief sind. Wir finden es aber wichtig, gerade über diese politischen Themen zu reden.

Müssen nun besonders junge Journalisten politischer werden?

Das fände ich gut, denn wenn man sich die jungen Medien anschaut, kann man nicht verleugnen, dass der Schwerpunkt auf bunten, soften, gefühligen Themen liegt. Es ist aber auch verständlich, dass viele lieber das machen als gut recherchierte Politikartikel, weil die mehr Arbeit machen, aber nicht unbedingt besser bezahlt sind. Wenn sich aber jüngere Leute für Politik interessieren sollen, wäre es gut, wenn mehr junge Journalisten für sie berichten würden.

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