Im Fernsehen:China sucht den Superbürger

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Es geht immer nur um den Einen: Eine Quizsendung über das Leben des chinesischen Präsidenten Xi Jinping sorgt im Ausland für Spott. Aber wie wirkt die Raumschiffshow mit Roboter im eigenen Land?

Von Lea Deuber

Unterhalten sich ein Marxismus-Student, ein Roboter und ein Superstar über Politik: Was wie der Beginn eines Witzes klingt, ist das Konzept einer neuen TV-Show im chinesischen Fernsehen. Xi Jinpings Gedanken in der neuen Ära studieren ist der sperrige Titel der fünfteiligen Sendung, die diese Woche im chinesischen Staatsfernsehen angelaufen ist. Teilnehmer der Quizshow beantworten Fragen über das Leben des Präsidenten: Wofür stehen seine Reden, was prägte ihn in seinen jüngeren Jahren, was ist sein Lieblingsbuch?

Während in Deutschland Teilnehmer von politischen Talkshows eher nach Meinungsverschiedenen ausgesucht werden, ist in China keine Debatte erwünscht. Der Präsident ist der mächtigste chinesische Regierungschef seit Jahrzehnten. Erst im März hat er die zeitliche Beschränkung seiner Amtszeit aufheben lassen. Um seine Person betreibt die Partei einen zunehmenden Personenkult. Kaum eine Hochschule, die noch kein Fachgebiet zu seinen politischen Konzepten gegründet hat. Im Fernsehen wird er Führer des Volkes genannt. Und auch der Vorspann der neuen TV-Show ermahnt den Zuschauer dazu, Xis Theorien "gründlich zu studieren". Dass man dabei auf Quizfragen setzt, ist in China nicht ungewöhnlich. An Universitäten sind Studierende häufig verpflichtet, solche Tests zu absolvieren. Die Antworten erhalten sie meist vorher, um diese dann auswendig zu lernen.

In der Sendung geben sich die Kandidaten politisch auf Linie. Die Wirtschaftsstudentin Xia Duanxia muss beispielsweise die Frage beantworten, was die Aufgabe der Parteimitglieder sei, wenn man das Zentralkomitee der KP als "den Lehrer des politischen Systems" betrachte. Sie weiß die Antwort, noch bevor alle Auswahlmöglichkeiten zu sehen sind: Nämlich "sich der Notwendigkeit bewusst zu werden, die politische Integrität zu wahren, das Gesamtbild im Auge zu behalten, der Partei als Kern der chinesischen Führung zu folgen und konsequent die Politik des Zentralkomitees umzusetzen."

Die Sendung richtet sich an junge Menschen wie Xia. Chinas Regierung fürchtet, dass nicht alle so regierungstreu sein könnten wie die ausgewählten Teilnehmer. Zwar herrscht die Partei unangefochten über das Land. Aber die jungen Städter leben im Rhythmus internationaler Fernsehproduktionen, westlicher Popmusik und den Öffnungszeiten amerikanischer Kaffeehaus-Ketten. Marx und die Kommunistische Revolution sind für sie kein Thema. Damit sie aber trotzdem einschalten, versucht die Sendung möglichst jugendlich daherzukommen. Das Studio sieht aus wie ein Raumschiff. Die Fragen stellt ein Roboter, der auf der Brust eine Chinaflagge trägt sowie die Zahl 2050 - bis dahin will China die führende Weltmacht sein. Untermalt mit elektronischer Musik wirkt die Show wie ein pixeliges Computerspiel - was wohl auch erklärt, warum Clips aus der Sendung weltweit im Internet Spott ernten. In China spielt das keine Rolle. Die Idee der Sendung sei der absolute Wille, Xis Lehren zu studieren, so die Macher. Und so gibt es in der Show auch kein Preisgeld für den Gewinner: Die Teilnahme muss Lohn genug sein.

© SZ vom 05.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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