Hörspiele:Die Poesie und der Beat

Bemerkenswerte Würdigungen zweier vollkommen unterschiedlicher Männer, deren Denken die Menschen ihrer Generation gleichwohl ähnlich stark beeinflusste: Bob Kaufman und Jacob Böhme.

Von Stefan Fischer

Zwei Männer, die auf ganz verschiedene Weise das Denken geprägt haben: Bob Kaufman und Jacob Böhme. Es gibt keine substantiellen Berührungspunkte zwischen beiden. Nur diesen schieren Zufall, dass die beiden Hörspiele Thank Bob for Beatniks und Vom übersinnlichen Leben am selben Wochenende urgesendet werden. Nichts desto trotz ist das jedoch ein schönes Zusammentreffen. Weil die beiden Produktionen zeigen - und nebeneinander wird das noch klarer -, wie unterschiedlich künstlerische Annäherungen an Biografien sein können. Und sie sich doch in beiden Fällen vollkommen richtig anhören.

Hegel hatte Jacob Böhme als ersten deutschen Philosophen tituliert. Der hat an der Wende zum 17. Jahrhundert gelebt, überwiegend in seiner Heimatstadt Görlitz. Böhmes Denken war stark von christlicher Mystik geprägt. Sein Text Vom übersinnlichen Leben ist der Dialog eines Meisters mit seinem Schüler, der sich um den Weg der Seele und also das ewige Leben dreht. Ronald Steckel hat in seiner Hörspieladaption einen Monolog daraus gemacht, die Positionen der beiden Diskutanten fallen in eins. Die Inszenierung ist eine radikale Reduzierung auf die Stimme Max Hopps. Dem Schauspieler und seinem Regisseur gelingt es, jede Emphase und Dringlichkeit, jeden Anflug von Esoterik oder Maniriertheit herauszunehmen, ohne deswegen belanglos im Ausdruck zu werden. Vielmehr erreichen sie eine seltene Reinheit des Ausdrucks, ein Konzentration auf das Gedachte, hinter der die Person des Sprechenden vollkommen verschwindet.

Ganz anders verfährt Andreas Ammer in seiner Hörspiel-Hommage Thank Bob for Beatniks, die er gemeinsam mit Durs Grünbein geschrieben hat. Sie ist eine Collage, ein Ineinander von Musik, Sound und Text, von Zeitzeugnissen und gegenwärtigen Reflektionen. Bob Kaufman war der Sohn eines jüdischen Deutschen und einer Katholikin aus Martinique, in New Orleans geboren, in San Francisco gestorben und in New York zum Beat-Poeten gereift. William S. Burroughs, Jack Kerouac, Allen Ginsberg, diese Namen fallen immer zuerst in diesem Kontext. Doch glaubt man Ginsberg, war es Kaufman, der ihre Lebenshaltung als Erster auf den Punkt gebracht hat: Der Beat wie im Jazz, kombiniert mit dem ziellosen Unterwegssein eines Sputniks im All - das ergibt eben den Beatnik und seine Freiheit, daraus speist sich seine künstlerische Energie. Die Kommunisten hatten Kaufman aus der Partei geworfen, dem FBI war er zeitlebens trotzdem verdächtig.

Ginsberg ist in dem Stück zu hören, Patti Smith, die Dichterin und Rapperin Moor Mother, die Jazzmusikerin Angel Bat Dawid. Thank Bob for Beatniks ist selbst ein Stück Neo-Beatpoesie, mit den Mitteln des Hörspiels.

Thank Bob for Beatniks, Bayern 2, Freitag, 21.05 Uhr.

Vom übersinnlichen Leben, RBB Kultur, Sonntag, 14 Uhr.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: