Hörspiel:Wasser marsch!

Schriftstellerin und Büchner-Preisträgerin Sibylle Lewitscharoff. (Foto: Uwe Zucchi/dpa)

"Die Brunnenhalle" von Sibylle Lewitscharoff erinnert an die Handlung von Orpheus und Eurydike. Allerdings fließt der Styx in dieser SWR-Version durchs Wellnessbad, und Waterboarding kannte man offenbar damals auch schon.

Von Stefan Fischer

Die alten Kurbäder kommen einem in den Sinn. Die vielen modernen Wellnessoasen. Es plätschert und tröpfelt unentwegt in Sibylle Lewitscharoffs Hörspiel Die Brunnenhalle (Regie: Iris Drögekamp), eine träge Entspanntheit macht sich breit unter den Besuchern. Oder sind es Bewohner? Gar Gefangene? Plötzlich ist die Assoziation eines Vernichtungslagers da, wenn die Menschen in der Brunnenhalle aufgefordert werden, ihr Kleider ab- und ordentlich zusammenzulegen, um anschließend duschen zu gehen. Aber sind sie überhaupt noch am Leben? Es gibt früh schon Andeutungen, dass die Brunnenhalle ein Totenreich ist. Und allmählich schält sich eine Orpheus-und-Eurydike-Handlung heraus: Ein Mann möchte seine Geliebte auslösen, er pokert mit dem Zerberus dieser Unterwelt um sie.

Wider alle Wahrscheinlichkeit gewinnt er das Spiel, durch eine List, einen Betrug. Sein Helfer fliegt auf, die Häscher tunken ihn ins Wasser: Waterboarding kannte man offenbar bereits im Hades. Wobei: Die Brunnenhalle spielt nicht in der Vergangenheit. Subtil erzählt Lewitscharoff in dieser Geschichte über Begehren, Treue und Verrat auch von Repressionen in unseren heutigen wohlständigen, aufgeklärten Gesellschaften, erzählt vom Preis der Bequemlichkeit.

Die Brunnenhalle , SWR 2, 22.03 Uhr.

© SZ vom 24.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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