Hörspiel:Einsam zu zweit

Pressebild: Schwarze Spiegel contd.

Sascha Icks und Tilo Werner

(Foto: NDR Radiokunst)

Ein Hörspiel schreibt Arno Schmidts "Schwarze Spiegel" fort: Nach einer Pandemie ist die Erde praktisch menschenleer und ein Mann und eine Frau stehen vor der Frage: Ist das wirklich schlecht?

Von Stefan Fischer

Die aktuelle Corona-Krise ist nur noch eine ferne Erinnerung in Anna Peins Hörspiel Schwarze Spiegel contd. Denn sie liegt Jahre zurück, und es hat nach ihr schlimmere Pandemien gegeben. Vor allem aber ist kaum noch jemand da, der sich erinnern könnte.

Die ersten beiden Drittel des knapp eineinhalbstündigen, von Oliver Sturm inszenierten Hörspiels sind ein Solo des Ich-Erzählers, der gesprochen wird von Tilo Werner. Er hat die letzte, die weitaus gravierendste Pandemie überlebt, als einer von ganz wenigen Menschen. Seither schlägt er sich aus der Weite Eurasiens zurück nach Deutschland. Begegnet ist er auf der Wanderung, die bereits acht Jahre dauert, kaum jemandem.

Eines Tages wird jedoch auf ihn geschossen. Lisa, gespielt von Sascha Icks, ist eine wie er: immer auf der Hut, denn es gibt keine schützende Zivilisation mehr. Nur noch Artefakte: Zu ihrem Geburtstag bekommt Lisa von dem namenlosen Ich-Erzähler ein einstmals wertvolles Gemälde geschenkt, das er aus einem Museum mitgenommen hat.

Bei Schmidt hat ein Atomschlag die Menschheit weitgehend ausgerottet

Die Geschichte ist eine Fortschreibung von Arno Schmidts Kurzroman Schwarze Spiegel aus dem Jahr 1951. Das Setting ist sehr ähnlich, bei Schmidt hat ein Atomschlag die Menschheit weitgehend ausgerottet. Anna Pein hat Schwarze Spiegel in ein aktuelles Bezugssystem transponiert. Neben den beiden Figuren gibt es noch eine dritte wichtige Komponente: die feine, subtile Komposition von Werner Cee.

Das Aufeinandertreffen der beiden Menschen könnte ein Neubeginn sein, könnte eine Adam-und-Eva-Geschichte in Gang setzen. Doch in den beiden arbeitet ein Gedanke: Ist es nicht eigentlich gut so, wie es ist? Die Erde dankt der Menschheit ihr weitgehendes Verschwinden ohnehin. Und die beiden, was haben sie tatsächlich verloren durch das Ende von Zivilisation und Kultur? Darum geht es im Kern in dieser Dystopie: Kann der Mensch auch in der Zweisamkeit ein kulturbefähigtes und soziales Wesen sein?

Schwarze Spiegel contd., NDR Kultur, Mittwoch, 20.05 Uhr.

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