Süddeutsche Zeitung

Hörspiel:Kopf im Sand

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Absurde Welt der Digitalisierung: Im WDR-Zweiteiler "Überfluss Wüste" geht es um vier junge IT-Experten, die den Weltuntergang berechnen sollen, aber etwas zu sehr auf ihren Verstand vertrauen.

Von Stefan Fischer

Wie kleine Kinder keifen sich die beiden an: "Das ist mein Platz", bockt Zoe. "Ich war aber zuerst da", kontert Sebastian. Sie stehen in der Wüste im Westen der USA, gemeinsam mit Finn und Josh. Und streiten sich um einen Quadratmeter Sand. Zoe, Sebastian, Finn und Josh - man zweifelt in diesem Augenblick daran - sind besonders schlaue Menschen. IT-Experten, die an komplexen digitalen Problemen arbeiten. Je weiter man sich in Robert Woelfls Hörspiel Überfluss Wüste hineinhört, desto fragwürdiger erscheinen einem die vier jungen Leute. Weil sie daran glauben, dass es hier in dieser Wüste einen ganz bestimmten Flecken gibt, an dem einen die absolute Weisheit streift - wenn man nur zum richtigen Zeitpunkt anwesend ist. Weil ihr Verstand zu Leistungen imstande ist, die sie emotional nicht mehr durchdringen. Weil sie sich scheuen, die Dinge zu Ende zu denken, über die rein technischen Hürden hinaus. Sie schreiben Programme, die den Weltuntergang berechnen. Oder Autos so intelligent machen sollen, dass die sich irgendwann selbst zusammenbauen können. Oder die aus der Mimik eines Menschen errechnen können, ob er in sein Gegenüber verliebt ist. Programme also, die den Menschen entweder überflüssig machen oder zu einem maschinenlesbaren Ding verkümmern lassen.

Woelfls Hörspiel, inszeniert von Jörg Schlüter und dezidiert keine Science Fiction, stellt beiläufig die Frage, was von Fortschritt zu halten ist, der nur eine technologische Komponente hat. Was von einer Gesellschaft, in der die klügsten Köpfe sich damit befassen, wie man das Leben automatisieren und damit jegliche Ungewissheit ausschalten kann. So ist Überfluss Wüste ein unterhaltsames Stück über die Esoterik der Digitalisierung.

Überfluss Wüste , WDR 3, 19.04 Uhr. Teil 2 am Dienstag, 19.04 Uhr.

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Quelle:
SZ vom 29.04.2019
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