Dieses Weihnachten ist ein einziges Drama: Da hat sie alles so schön herausgeputzt, die junge Berlinerin. Aber auf all die Kameruner macht der Zinnober keinen Eindruck, auch in "O du fröhliche" stimmt niemand ein. Sie ist verärgert über die Undankbarkeit und den Stumpfsinn der Afrikaner - und bestärkt in ihrer Überzeugung, dass die Kolonie Kamerun dringend zivilisiert gehört. Ein zweites Weihnachtsfest, in Berlin und mehr als hundert Jahre später, eskaliert kurz darauf in Paul Plampers Hörspiel-Zweiteiler Dienstbare Geister, in dem unter anderen Sandra Hüller und Fabian Hinrichs auftreten. Da nimmt eine Frau ihren Freund aus Kamerun mit zu den Eltern, und die, Grünen-Wähler der ersten Stunde, faseln dann von deutscher Kultur und sind befremdet über den Gast. Was die Tochter ärger findet als ihr Freund, weshalb die beiden darüber streiten, wann er sich zu wehren habe.
Sehr geschickt führt Plamper diese zwei Stränge parallel in seinem Stück: Den der ursprünglich aufgeschlossenen Frau, die 1905 nach Kamerun geht. Und jenen aus der Gegenwart über einen Akademiker aus Kamerun, der sich in Berlin eine Zukunft aufbauen möchte, die er in seiner Heimat nicht sieht. Wohin er aber, als er endlich einen Job hat, zurückgeschickt wird, um ein Projekt zu verwirklichen, das seine weiße Chefin sich ausgedacht hat.
Es geht um Vorurteile, historische Kontinuitäten, Selbstbestimmtheit und einfache Ausreden. Paul Plamper ist wie immer präzise in der Charakterisierung seiner der Realität abgeschauten Figuren. Weshalb sein überaus differenziertes Hörspiel nur diese eine Verallgemeinerung zulässt: Jeder kann nur bis zum Horizont seiner Welt blicken.
Dienstbare Geister , WDR 3, 19.04 Uhr (Teil 2), beide Teile für vier Wochen im Hörspielspeicher unter www.wdr.de/radio/hoerspiel. MDR Kultur, 3. / 10. 9., 18 Uhr. DKultur, Nacht auf 4. / 11. 9., 0.05 Uhr.