"Kitzelig?", fragt eine Pflegerin. Man hört eine Frau kichern, es klingt unheimlich. Irgendwann stutzt man als Beobachter der Szene; lauscht, unsicher, ob das Kichern der Alten in ein Weinen gekippt ist.
Es geht um Hilfe und Hilflosigkeit in Luise Voigts Fünf Flure, eine Stunde - Hörspiel in einem Take. Und um die dysfunktionale Kommunikation zwischen Pflegern und Gepflegten in Alteneinrichtungen. Das Personal spricht oft nicht gut genug Deutsch, die Bewohner ihrerseits haben die Fähigkeit verloren, ihre Bedürfnisse auszudrücken.
Um davon zu erzählen, hat die Autorin und Regisseurin Voigt einen spannenden Ansatz gewählt: In fünf Seniorenheimen haben sie und ihr Team an einem Tag im Mai 2019 zwischen acht und neun Uhr morgens mitgeschnitten, was sich dort abgespielt hat. Diese Tonspuren hat Voigt übereinandergelegt und das akustische Palimpsest dann transkribiert. Junge Schauspieler haben den so gewonnenen Text schließlich gesprochen. Aufgenommen wurde das Hörspiel in einem Take, also ohne Schnitte und ohne jemals neu anzusetzen.
Fünf Flure, eine Stunde ist ein Kondensat der Seniorenbetreuung. Wir hören ein großes Durcheinander, Stimmen treten in einen Dialog, den sie so nie miteinander geführt haben. Und der doch die Realität reflektiert - die Reibung von Fürsorge und Zeitdruck, die Gleichzeitigkeit von Small Talk und tiefem Empfinden. Voigts Umweg ist lohnend. Weil sie weder Strukturen noch Zustände beschreibt, das Thema nicht von sozialer oder politischer Warte aus angeht. Sondern ganz bei den Menschen ist, bei den Widersprüchen, in denen das hohe Alter zum großen Rest eines Lebens steht.
Fünf Flure, eine Stunde - Hörspiel in einem Take , HR 2, Sonntag, 14.04 Uhr. SWR 2, 23.1., 22.03 Uhr. DLF Kultur, 29.1., 22.03 Uhr.