Süddeutsche Zeitung

Uli Hoeneß:Friede dem Verurteilten

Nach dem Angeklagten verzichtet auch die Staatsanwaltschaft auf Revision gegen das Hoeneß-Urteil. Damit ist der Rechtsfrieden, der durch die Straftat verletzt worden ist, wiederhergestellt. Die Presse sollte den Verurteilten jetzt in Frieden lassen, denn er wurde zu einer Haftstrafe verurteilt, nicht zu verschärftem Pranger.

Ein Kommentar von Heribert Prantl

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht heißt so, weil es für alle gilt, auch für sehr prominente Menschen wie Uli Hoeneß. Es besagt: Jeder hat ein Recht auf Achtung seiner privaten und intimen Sphäre; das gilt auch und erst recht dann, wenn gegen ihn eine Freiheitsstrafe verhängt wurde. Hoeneß wurde zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt, nicht zu verschärftem Pranger.

Das Urteil ist kein Freibrief für Späher und Spanner, es ist auch kein Erlaubnisschein zur Befriedigung von Sensationsgeilheit. Es ist gewiss berechtigt, darüber zu berichten, in welches Gefängnis Hoeneß zum Haftantritt geladen wird. Ist es aber auch berechtigt, die letzten Tage des Uli Hoeneß in Freiheit und die ersten Tage im Gefängnis in allen Details porentief auszuleuchten und auszumalen?

Mit der "Wahrnehmung berechtigter Interessen bei der Unterrichtung der Öffentlichkeit" hat das nicht mehr viel zu tun. Im US-Recht spricht man vom "tort of privacy", wenn dem Bürger nicht vom Staat, sondern von anderen Quellen, etwa den Medien, ein Tort angetan wird. Pressefreiheit ist ein überragend wichtiges Grundrecht; aber manchmal hat sie Mundgeruch.

Nach Hoeneß hat auch die Staatsanwaltschaft auf Revision gegen das Strafurteil verzichtet. Mit der Rechtskraft ist gewissermaßen der Rechtsfrieden, der durch eine Straftat verletzt worden ist, wieder hergestellt. Man sollte auch den Verurteilten wieder in Frieden lassen.

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Quelle:
SZ vom 18.03.2014/pak
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