Süddeutsche Zeitung

Hitzige Waffen-Debatte bei Piers Morgan:"Lassen Sie uns in den Boxring steigen"

CNN-Moderator Piers Morgan profiliert sich als Waffenkritiker - zum Ärger vieler Amerikaner. Sein schärfster Gegner, Radiomoderator Alex Jones, will gar mit einer Petition die Abschiebung des Briten durchsetzen. Jetzt hat Morgan seinen Kontrahenten zu einem furiosen Mann-gegen-Mann-Talk ins TV-Studio eingeladen.

Von Tobias Dorfer

Dass diese TV-Debatte explosiv würde, war den CNN-Zuschauern klar. Die Kontrahenten: Moderator Piers Morgan, Waffengegner, ehemaliger Boulevardjournalist bei der britischen News of the World und mit seiner Tonight-Show wortgewaltiger Nachfolger des legendären Larry King. Und auf der anderen Seite Alex Jones, US-Radiojournalist mit einem Faible für Verschwörungstheorien und glühender Anhänger des Rechtes auf Waffenbesitz. Morgan kündigte schon einmal vorab via Twitter an, die Diskussion könnte "lebhaft" werden.

Denn Jones steht hinter einer Petition, die eine Abschiebung Morgans verlangt. Der aus Großbritannien stammende Moderator hatte nach der Bluttat von Newtown den Ärger vieler Amerikaner auf sich gezogen, als er den US-Waffenlobbyisten Larry Pratt in einem Interview einen "unvorstellbar dummen Mann" genannt hatte. Prompt formierten sich die Waffenbefürworter: Bis heute haben mehr als 100.000 Unterstützer die Anti-Morgan-Petition unterschrieben.

Am Montagabend dann der verbale Showdown im CNN-Studio. Jones legt prompt los: Die Regierungen und Großbanken hätten sich zusammengeschlossen, den Menschen ihre Waffen wegzunehmen. Immer wütender wird der Radiomoderator. Er erwähnt die Vergewaltigung in Indien, nach der jüngst eine junge Frau ums Leben kam. Waffen, so Jones These, seien bei solchen Taten lediglich Instrumente Krimineller.

In Rage schwadroniert Jones kaum mehr nachvollziehbar über Diktatoren: "Hitler nahm die Waffen. Stalin nahm die Waffen. Mao nahm die Waffen. Fidel Castro nahm die Waffen. Hugo Chávez nahm die Waffen", ruft er. "Und ich bin hier, um Ihnen zu sagen: 1776 (das Jahr der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung; Anm. d. Red) wird wiederkommen, wenn ihr versucht, uns unsere Waffen zu nehmen."

Immer wieder versucht der Brite Piers Morgan, seine Fragen zu stellen - doch sein Kontrahent ist außer Rand und Band. 35 Menschen seien 2012 in seinem Heimatland bei Schießereien gestorben, mehr als 11.000 dagegen in den USA, setzt Morgan noch an.

Jones Antwort: Großbritannien sei "ein totaler Polizeistaat". Dort sei die Rate deshalb niedriger, weil alle Gewehre konfisziert wurden. "Aber dort gibt es Massen von Menschen, die die Städte niederbrennen und alte Frauen zusammenschlagen." Und überhaupt: In den USA kämen die meisten Menschen durch Suizide ums Leben, brüllt sein Kontrahent. Irgendwann im Verlauf der Sendung verspottet er auch noch Piers Morgans britischen Akzent. Die persönlichen Angriffe münden in einem wenig verlockenden Angebot: "Sie denken, Sie sind ein harter Kerl? Lassen Sie uns das nächste Mal in einen Boxring steigen. Ich werde Rot-Weiß-Blau (die Farben der US-Flagge; Anm. d. Red.) tragen."

Es ist kein Wunder, dass Alex Jones derart lautstark gegen strengere Waffengesetze argumentiert. Die Lobby steht in den USA nach dem Massaker von Newtown, als ein Attentäter 20 Kinder und sechs Erwachsene erschoss, gewaltig unter Druck. Eine von Präsident Barack Obama eingesetzte Arbeitsgruppe will das Waffenrecht offenbar deutlich verschärfen: Demnach soll eine Datenbank Waffenverkäufe landesweit registrieren. Während Piers Morgan der Ansicht ist, bestimmte Hochleistungswaffen wie halbautomatische Gewehre könnten sogar verboten werden, pochen die Unterzeichner auf das freie Tragen von Waffen.

Kontrovers war die Diskussion bereits am 18. Dezember. Da war es noch Morgan, der seinen Gesprächspartner Larry Pratt immer wieder unterbrach und den Waffenlobbyisten einen "Idioten" nannte. Damals fanden es viele Amerikaner gar nicht witzig, dass da ein Europäer gegen Todesstrafe und Waffenwahn stänkerte - zumal die Moralapostelei von Morgan ohnehin angreifbar ist: Als langjähriger Chefredakteur des ehemaligen Murdoch-Revolverblatts News of the World war der heutige CNN-Moderator nicht gerade zimperlich.

Die hitzige Debatte am Montagabend scheint Piers Morgan jedoch wieder mehr Sympathien gebracht zu haben. "Versteht mich nicht falsch. Ich bin kein Fan von Piers Morgan", schreibt @BenTron5000 auf Twitter. "Aber Alex Jones ließ ihn wie Gandhi aussehen." @GregKiossev lästert: "Alex Jones ist ernsthaft geisteskrank. Er hat Gewehre und eine unerträglich laute Stimme. Wann bekommt er eine Show auf Fox News?" Und aus Österreich kommentiert Armin Wolf, ORF-Journalist und Moderator der Nachrichtensendung ZiB2: "Die Vorstellung, dass dieser Mann Waffen besitzt, macht einem Angst." Für User @TwisterFilm war die Show vor allem eines: ein "brillianter TV-Moment".

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