Hitler-Darstellungen in Film und Fernsehen:Böse Pose

Hitler hat Hochkonjunktur: die US-Serie "The Man in the High Castle" zeigt den Diktator als alternden Machthaber. Auf der Leinwand hatte der Führer schon viele Gesichter.

Von Felicitas Lachmayr

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"Der große Diktator" (1940)

Charlie Chaplin Der große Diktator

Quelle: Arte/Roy Export Company/obs

Eine legendäre Parodie auf Hitler gelang Charlie Chaplin bereits 1940. Als neurotischer und selbstverliebter Despot Adenoid Hynkel, der über Tomanien herrscht und einen Einmarsch ins Nachbarland Osterlitsch plant, stellte der britische Komiker Hitler meisterhaft als Größenwahnsinnigen dar, der symbolisch mit der Weltkugel spielt und in aggressivem Denglisch über "Sauerkraut" und "Wiener Schnitzel" schwadroniert.

"Der große Diktator" schwankt zwischen Komik und scharfer Kritik am faschistischen Regime. Chaplin tritt in dem Film in einer Doppelrolle auf; er spielt Hynkel und einen jüdischen Friseur, der dem Diktator zum Verwechseln ähnlich sieht. Durch Zufall nimmt der Friseur Hynkels Platz am Rednerpult ein und ruft das Volk zu mehr Menschlichkeit und Mitgefühl auf. Für seine groteske Karikatur des Bösen wurde Chaplins Film viermal für den Oscar nominiert.

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"Der letzte Akt" (1955)

Der letzte Akt
nach Michael A. Musmannos Buch Ten Days to Die

Quelle: Cosmopol für Columbia Pictures

Im deutschsprachigen Raum wagten sich Schauspieler und Regisseure erst zehn Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs an eine filmische Darstellung Hitlers. Den ersten Versuch unternahm der österreichische Regisseur Georg Wilhelm Pabst in seinem Film "Der letzte Akt" von 1955. Er zeigt Hitlers letzte Tage im Führerbunker. Der Krieg ist verloren, alle Versuche, die bevorstehende Niederlage abzuwehren, sind gescheitert.

Der Österreicher Albin Skoda zeigt Hitler in seinen letzten Stunden als Psychopathen, der frei von jeder Menschlichkeit, an sich selbst, seinem Hass und einer exzessiven Gier nach Macht zu Grunde geht. Das Drehbuch zum Film schrieb Erich Maria Remarque gemeinsam mit Fritz Habeck und dem Juristen Michael Musmanno, der an den Nachfolgeverfahren der Nürnberger Prozesse beteiligt war.

Allerdings schien Deutschland 1955 noch nicht bereit für eine filmische Auseinandersetzung mit der Person Hitlers, denn der Film verschwand schon nach kurzer Zeit aus den Kinos. Die Filmbewertungsstelle verweigerte ihm das Prädikat "besonders wertvoll" mit der etwas schwammigen Begründung, die Darstellung Hitlers bewege sich in einem "historisch nicht ganz überblickbaren Raum".

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"Hitler: Ein Film aus Deutschland" (1977)

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Quelle: Filmgalerie 451

In den Fünfziger- und Sechzigerjahren näherten sich deutsche Regisseure in Form von Dokumentarfilmen dem Thema "Hitler" an. Umso kontroverser fiel 1977 die Reaktion auf Hans-Jürgen Syberbergs Experimentalfilm "Hitler: Ein Film aus Deutschland" aus, eine siebenstündige Mischung aus Rezitation, Theater, Dokumentation, Spiel- und Musikfilm.

Syberberg ging es nicht um eine Annäherung an den "Führer" als historische Figur (gespielt von Heinz Schubert), sondern er lotete den Bezug der Deutschen zum Diktator aus - zu "Hitler in uns allen". Dieser von Syberberg als kathartisch verstandene Ansatz stieß in Deutschland auf Kritik, wurde als verharmlosend oder reaktionär aufgefasst.

Französische Intellektuelle priesen dagegen Syberbergs Traum-Logik, die assoziative Montage-Ästhetik und das dekonstruktive Pathos an. Der Philosoph Michel Foucault nannte den Hitler-Film ein "schönes Monster". In den USA kam das Werk mithilfe des Regisseurs Francis Ford Coppola in den Verleih und fand in der Kulturtheoretikerin Susan Sontag eine prominente Fürsprecherin.

Cover der Doppel-DVD zum 30-jährigen Jubiläum des Films.

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"100 Jahre Adolf Hitler - Die letzte Stunde im Führerbunker" (1989)

Kinostart - 'Arteholic'

Quelle: dpa

Einen radikalen Ansatz wählte Christoph Schlingensief in seinem 60-minütigen Trash-Film "100 Jahre Adolf Hitler - Die letzte Stunde im Führerbunker" aus dem Jahre 1989. Hier werden ebenfalls die letzten Momente Hitlers auf die Leinwand projiziert, allerdings ohne jeden Anspruch auf Realitätsnähe oder pädagogische Wertschöpfung.

Der Bunker mutiert zur Irrenanstalt, Udo Kier alias Hitler ist sein Insasse. Untermalt wird der psychotische Charakter des Films durch die klaustrophobische Bunkeratmosphäre, in der nur ein einziger Scheinwerfer Licht auf die Orgien und Drogenexzesse seiner Gefangenen wirft.

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"Der Untergang" (2004)

Oscar-Verleihung - 'Der Untergang' nominiert

Quelle: dpa

In den Neunzigerjahren entspannte sich der Umgang mit Hitler im Film, auch menschliche Züge wurden zum Thema. Eine besonders eindringliche und vielschichte Charakterdarstellung gelang Bruno Ganz in "Der Untergang" von 2004.

Realitätsnah und historisch gut recherchiert, setzt auch dieser Film, bei dem Oliver Hirschbiegel Regie führte, die letzten Ereignisse im Führerbunker kritisch in Szene. Trotz seines internationalen Erfolgs und einer Oscar-Nominierung als bester ausländischer Film entfachte "Der Untergang" Kontroversen über eine hitlerzentrierte Geschichtsauffassung und die Darstellung von Adolf Hitler als Privatperson.

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"Mein Führer - die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler" (2007)

'Mein Führer' - Helge Schneider als Hitler

Quelle: dpa

So sehr sich "Der Untergang" um historische Authentizität bemühte, so weit entfernt davon war Helge Schneiders humoristische Hitler-Darstellung aus dem Jahre 2007. "Mein Führer - die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler" ist eine absurde Parodie über einen verunsicherten Führer, der sein Kriegsschiff beim tölpelhaften Spielen in der Badewanne versenkt.

Um sich zumindest den rhetorischen Endsieg zu sichern, lässt er sich von einem jüdischen Schauspieler in Sachen Wortgewandtheit unterrichten. Regie führte der Schweizer Dani Levy. Die Filmkritiken fielen insgesamt bescheiden aus. Helge Schneider selbst distanzierte sich noch vor dem offiziellen Filmstart mit den Worten, er wolle "von dem Hitler-Quatsch nix mehr hören".

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"Er ist wieder da" (2015)

ER IST WIEDER DA ist auf Platz 1 der deutschen Kinocharts

Quelle: obs

Mit dem Kinofilm "Er ist wieder da" schuf Regisseur David Wnendt eine weitere Führer-Komödie für die deutschen Kinos. Auferstanden von den Toten irrt Hitler darin dreckverschmiert und obdachlos durch die Straßen von Berlin. Mit einer scheinbaren Parodie seiner selbst erreicht der Diktator, gespielt von Oliver Masucci, einmal mehr die deutschen Massen und mutiert in kumpelhafter Attitüde zum gefeierten Popstar.

Der Film bricht längst keine Tabus mehr, denn wirklich neu ist die humoristische Verwertung des Führers und seines Bärtchens nicht. Das Konzept garantiert inzwischen jede Menge Likes. Hitler als Satire geht immer.

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"The Man in the High Castle" (2015)

The Man In The High Castle

Quelle: Screenshot

Nun ist Hitler erneut zurück. Diesmal in Form eines alternden Diktators, der über Europa und Teile der USA herrscht und die besten Tage seiner Macht bereits hinter sich hat. Die amerikanische Science-Fiction-Serie "The Man in the High Castle" entwirft eine düstere Alternative zum Verlauf der Geschichte. Was wäre, wenn die Nazionalsozialisten den Zweiten Weltkrieg gewonnen hätten?

Die Serienmacher schreiben das Jahr 1962, Hitlers Tage sind gezählt und die Machtkämpfe um seine Nachfolge beginnen. Die Idee zur Serie basiert auf dem Roman "Das Orakel vom Berge" des amerikanischen Autors Philip K. Dick. In den USA ist die dystopische Serie bereits gestartet und läuft über den Streamingdienst von Amazon. Die deutsche Version erscheint im Dezember. Damit wird Hitler nicht mehr so schnell von der Bildfläche verschwinden.

© SZ.de/pak/jobr/dd
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