Serie "His Dark Materials":Zauberwelten

His Dark Materials

Lyra (Dafne Keen) und ihr tierischer Seelen-Begleiter Pantalaimon.

(Foto: HBO/Sky)

Philip Pullmans Jugendbuch "His Dark Materials", auf Deutsch "Der Goldene Kompass", gibt es nun als Serie. Fraglich, ob das der neue Fantasy-Hit wird - aber wunderbar für vorweihnachtlichen Eskapismus.

Von Luise Checchin

Dass hier die Geschichte einer Abenteurerin erzählt wird, ist in den ersten Minuten von His Dark Materials zu erkennen. So wie die zwölfjährige Lyra innerhalb einer einzigen Szene durch die Gänge des ehrwürdigen Jordan Collage tobt, auf dem Weg durch die Waschküche frische Laken beschmutzt und in eine Grabkammer im Keller flüchtet, bemitleidet man jeden Lehrer, der sie disziplinieren soll.

Mit der Figur der Lyra Belacqua hatte sich Philip Pullman ab Mitte der Neunzigerjahre eine so unbeugsame wie mysteriöse Jugendbuch-Heldin für seine His-Dark-Materials-Trilogie ausgedacht (auf Deutsch erschienen als Der Goldene Kompass): Ein Waisenkind, aufgewachsen in der Obhut von Wissenschaftlern, in einer Welt voller Magie, in der jeder Mensch einen tierischen Begleiter als Ausdruck der eigenen Seele zur Seite gestellt bekommt und ein "Magisterium" rigide über seine Untertanen wacht.

In Post-Game-of-Thrones-Zeiten, in denen eifrig nach neuem Fantasy-Nachschub gefahndet wird, ist es wenig überraschend, dass es nun His Dark Materials als Serie gibt. Zumal die Kino-Adaption von 2007 mäßig erfolgreich war. Manche störte die Einkürzung der Religionskritik, die Pullman ins Buch eingewebt hatte, andere fanden, dass davon zu viel zu sehen war.

In der Koproduktion von BBC und HBO, die Pullman selbst mitproduzierte und die sich zunächst auf den ersten Band der Trilogie beschränkt, hat der Konflikt zwischen vorgeschriebenen Glaubenssätzen und dem Drang nach Wissen durchaus seinen Platz. Auch wenn ein anderer Kampf im Vordergrund steht: Lyra und die Gypter, eine marginalisierte, nomadische Bevölkerungsgruppe, machen sich auf die Suche nach einer Reihe von vermissten Kindern, hinter deren Verschleppung hohe Magisteriums-Kreise zu stecken scheinen. Leider sind diese Rettungsunternehmungen so übertrieben heroisch inszeniert, dass die Motivation der Akteure unter all dem melodramatischen Rumgeschreie etwas hohl daherkommt. Dringlichkeit entsteht eher, wenn Lyra mit einem alten Gypter über das Erwachsenwerden diskutiert.

Überhaupt ist Dafne Keen als Lyra ein Glücksfall, ihr zwischen Störrischkeit und Verletzlichkeit schwankendes Spiel wird an Wucht höchstens übertroffen von Ruth Wilson als Lyras unberechenbare Antagonistin Marisa Coulter. So klug wie die Besetzung ist der Entwurf der Welt, in der sich Lyras Abenteuer entspinnen. Eine Mischung aus Harry-Potter-Internatszauber und Herr-der-Ringe-Abenteuerreise wird so feinsinnig heraufbeschworen, dass die Grenzen zwischen Realem und Übernatürlichem verschwimmen. Es gibt Autos und Hochhäuser, aber eben auch Luftschiffe, magische Geräte und sprechende Tiere.

Ob die Serie zum neuen Fantasy-Hit avanciert, ist fraglich, unter den visuellen Überwältigungseffekten vernachlässigen die Macher zu häufig die Dramaturgie. Für vorweihnachtliche Eskapismus-Zwecke ist His Dark Materials aber allemal wunderbar geeignet.

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