Helmut Kohl wehrt sich gegen Veröffentlichungen:"Jenseits von Geschmack und Anstand"

Eine Autobiographie des Sohnes, ein Buch über seine Frau: In den vergangenen Monaten fand Helmut Kohl Details aus seinem Privatleben in den Medien. Nun meldet sich der Altkanzler selbst zu Wort - und beklagt sich über die "öffentliche Zurschaustellung", viele Dinge entsprächen zudem nicht der Wahrheit.

Seit mehreren Monaten kommen immer wieder Details aus Helmut Kohls Familienleben ans Licht: Im Januar arbeitete der älteste Kanzlersohn Walter Kohl seine Kindheit in einer Biographie auf. Vor wenigen Wochen erschienen bislang unveröffentlichte Aufnahmen von Kohls verstorbener Frau Hannelore, die die Kanzlergattin in ungewöhnlich privaten Momenten zeigen.

Helmut Kohl

Privatmann statt Altkanzler: In einer Mitteilung beklagt sich Helmut Kohl über die öffentliche Zurschaustellung seines Privatlebens.

(Foto: dpa)

Jetzt meldet sich der Altbundeskanzler selbst zu Wort. Die öffentliche Zurschaustellung empfinde er als unangemessen, heißt es in einer Erklärung seines Büros.

Wörtlich heißt es darin:

"Seit Monaten beschäftigen sich Veröffentlichungen ausführlich mit Angelegenheiten aus meinem Privatleben. Die öffentliche Zurschaustellung und Vermarktung meines Privatlebens durch Dritte empfinde ich als unangemessen, zumal die Veröffentlichungen die Grenzen von Geschmack und Anstand weit überschreiten und in wesentlichen Punkten mit der Wahrheit nicht in Einklang stehen.

Ich werde mich hierzu öffentlich nicht äußern. Ich bitte um Respekt für meine Privatsphäre und überlasse es der Öffentlichkeit, selbst zu beurteilen, welche Interessen den Publikationen in Wahrheit zugrunde liegen."

Am 5. Juli jährt sich der Todestag von Helmut Kohls Frau Hannelore zum zehnten Mal. In Abschiedsbriefen hatte sie ihren Suizid mit einer seltenen, schmerzhaften Lichtallergie begründet. Der Journalist Heribert Schwan, langjähriger naher Begleiter Hannelore Kohls, hat jüngst ein Buch über sie veröffentlicht: Die Frau an seiner Seite - Leben und Leiden der Hannelore Kohl. Es schildert Hannelore Kohl als eine extrem einsame Frau, die unter vielen Zwängen leidend über Jahre an diesen zugrunde ging.

Das Buch hat eine breite Berichterstattung in vielen Medien ausgelöst, in der Helmut Kohl als Vater und Ehemann sehr kritisch beleuchtet wurde. Anfang des Jahres hatte Kohls ältester Sohn Walter eine kritische Biographie unter dem Titel Leben oder gelebt werden, vorgelegt hatte. Der Kanzlersohn beschreibt darin, wie er im Schatten des als übermächtig empfundenen Vaters aufwuchs. Auch wenn er in dem Buch auch versöhnliche Töne anschlägt, wurde es in der Öffentlichkeit als Abrechnung mit dem Vater wahrgenommen.

Kohl, der von 1982 bis 1998 Bundeskanzler war, lebt heute im Ludwigshafener Stadtteil Oggersheim und in Berlin. 2008 heiratete er die wesentlich jüngere Regierungsdirektorin Maike Richter.

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