Prozess mit Ghostwriter:Kohl-Witwe setzt sich vor Gericht gegen Schwan durch

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Alt-Kanzler Helmut Kohl immer im Hintergrund: Seine Witwe führte seinen Rechtstreit weiter. (Foto: Andreas Arnold/dpa)

Maike Kohl-Richter kann nun Auskunft über Tonbandaufnahmen verlangen, die der Ghostwriter ihres Mannes noch haben soll - und auch deren Herausgabe erstreiten.

Helmut Kohls ehemaliger Ghostwriter Heribert Schwan muss dessen Witwe sagen, welche Inhalte er aus den langen Gesprächen mit dem Altkanzler noch in seinem Besitz hat. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am Donnerstag in letzter Instanz. Für Maike Kohl-Richter ist das Urteil die Voraussetzung, um im nächsten Schritt auch die Herausgabe erstreiten zu können.

Auf Dokumente und Akten, die Schwan für seine Arbeit an Kohls Memoiren zur Verfügung gestellt und die möglicherweise nicht vollständig zurückgegeben wurden, dürfte die Kohl-Seite allerdings keinen Zugriff mehr bekommen. Diese Ansprüche sind laut BGH verjährt.

Bänder sollen "in deutschen Landen und auch im Ausland" verstreut sein

Kohl hatte Schwan als Ghostwriter für seine Memoiren vorgesehen. An mehr als 100 Tagen trafen sich die Männer und führten lange Gespräche über Kohls Wirken und Schaffen. So kamen rund 630 Stunden an Gesprächen zusammen, die mehr als 200 Tonbänder füllten. Schwan hatte die Tonbänder mit nach Hause genommen und zusätzlich noch zahlreiche schriftliche Unterlagen erhalten. Von den Aufnahmen und den Unterlagen hatte Schwan vermeintlich Kopien angefertigt.

Der Altbundeskanzler überwarf sich jedoch mit Schwan und kündigte die Zusammenarbeit auf. 2010 verlangte er sämtliche Unterlagen und davon angefertigte Kopien zurück. Die Herausgabe der Original-Bänder hatte Kohl noch zu Lebzeiten erstritten. Schwan bestritt allerdings, dass sich Kopien weiter in seinem Besitz befänden. In einer Fernsehsendung gab der Ghostwriter 2014 jedoch an, dass er von den Tonbändern Kopien angefertigt habe, die "in deutschen Landen und auch im Ausland" verstreut seien.

Der BGH urteilte nun, dass Kohl als "Herr über seine Erinnerungen" mit der Aufkündigung der Zusammenarbeit einen Auskunftsanspruch hatte. Nach dessen Tod könne die Kohl-Witwe als Erbin diesen einfordern. Schwan habe Kohl "vorsätzlich in die Irre" geführt und "schuldhaft falsch" erklärt, über keinerlei herausgabepflichtige Gegenstände zu verfügen.

In einem weiteren, noch nicht terminierten Verfahren vor dem BGH will die Kohl-Witwe auch einen Entschädigungsanspruch wegen der Verletzung von Kohls Persönlichkeitsrechten durch das Buch durchsetzen. Das Landgericht Köln hatte Kohl in einem nicht rechtskräftigen Urteil eine Million Euro zugesprochen. Das OLG hatte den Anspruch mit dem Tode Kohls aber als erloschen angesehen.

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