Süddeutsche Zeitung

"Heiß & Fettig! Das Sexmagazin" bei ZDF Neo:Wie "Galileo" mit Busen

Der hat Penis gesagt: In "Heiß & Fettig! Das Sexmagazin" bei ZDF Neo talkt Moderator Thilo Mischke ungezwungen über Sexualität. Die Show kommt dennoch ohne echte Grenzüberschreitung aus.

Von Matthias Kohlmaier

Was ist eigentlich mit dem Sex im deutschen Fernsehen passiert? Also nicht mit dem in Spielfilmen und skurrilen Episoden des Tatort. Den gibt es nach wie vor. Verschwunden sind allerdings die Erotikmagazine, die in den neunziger Jahren und noch ein bisschen darüber hinaus im Privatfernsehen für Quote sorgten. Wa(h)re Liebe (Vox), Liebe Sünde (Vox und später Pro Sieben) und natürlich Peep! (RTL 2) sind allesamt verschwunden.

Das muss sich ändern, dachten nun offenbar die Verantwortlichen der öffentlich-rechtlichen Experimentierplattform ZDF Neo. Das Ergebnis: Heiß & Fettig! Das Sexmagazin, moderiert von Journalist und Schriftsteller Thilo Mischke. Wer ob des etwas unappetitlichen Titels Grenzüberschreitungen befürchtet - und das auch noch auf Kosten der Rundfunkbeitragszahler -, sei unbesorgt. Der neue Sex-Talk kommt nicht übertrieben schmuddelig daher. Oder mit den Worten des Moderators: "Man muss sich die Sendung so vorstellen, als wäre das ein Plausch mit leicht betrunkenen Freunden."

Der Freund, den Mischke in der ersten Ausgabe begrüßt, ist eine Freundin: Paula Lambert, angekündigt als "coolste Sexkolumnistin der Welt". In einer Kneipe auf St. Pauli plaudert dann die Autorin von Büchern wie "Eine Frau mit Penetrationshintergrund" (Lambert) mit dem Autor von nicht weniger süffig getitelten Werken wie "In 80 Frauen um die Welt" (Mischke).

Schnell und schmutzig

Lambert wirft dabei mit ein paar Sexratgeber-Floskeln à la "Ich sag immer: Guckt keine Pornos" oder "Sex haben ist wie ins Fitnessstudio gehen: Kaum ist man da, findet man es super" um sich. Und Mischke, der von sich selbst sagt, keinerlei Moderationserfahrung zu besitzen, darf selbige ungestört und ungeschnitten vor Publikum sammeln.

Die Sendung ist folglich weniger heiß als vielmehr schnell und schmutzig - wenigstens was die Machart betrifft. Heiß & Fettig ist mit einer Wurstigkeit produziert und umgesetzt, die sich nur Sender wie ZDF Neo gönnen können. Mischkes wenig souveräne Gesprächsführung vermengt sich mit dem radebrechenden Englisch von Korrespondentin Ariane Alter, die in einem Einspieler mit einer niederländischen Wissenschaftlerin über die Wirkung von Pornos auf Frauen spricht.

Heraus kommt eine Show, die in Ablauf und geplanter Ungeplantheit ein wenig an Sarah Kuttners Bambule erinnert. Auf ein Gespräch mit einem Gast folgt ein Einspieler folgt ein weiteres Gespräch folgt ein weiterer Einspieler und irgendwann ist die halbe Stunde Sendezeit dann rum. "Das ist wie Galileo mit Busen", findet Thilo Mischke noch einen weiteren Vergleich. Tatsächlich könnte Heiß & Fettig auch bei Pro Sieben laufen, ohne dabei im restlichen Programm sonderlich aufzufallen.

Kein neuer Oswald Kolle

Abseits von derartigen Vergleichen möchte Mischke aber ein bisschen was transportieren. "Es geht darum, was mitteleuropäische, junge Menschen beim Thema Sex beschäftigt. Das kann Spaß machen, kann aber auch ernst sein", sagt er. Ob sich dieses Ziel erreichen lässt, während Mischke im Matrosenkostüm Burlesque tanzt und dabei von einer Professionellen lauthals mit "Ficker, du bist'n Ficker, Alter" angefeuert wird, sei dahingestellt. Wobei das ganz gut zu einem anderen Mischke-Zitat passt: "Ich habe keine Berechtigung und auch kein Bedürfnis, der neue Oswald Kolle zu sein."

Vier Episoden des Magazins strahlt ZDF Neo aus, dann will man sich mit Mischke zusammensetzen und überlegen, ob es weitergeht. Bis dahin hat das deutsche Fernsehen wieder ein Magazin zum großen Thema Sexualität. Und das ist gut so.

Heiß & Fettig! Das Sexmagazin, ZDF Neo, Donnerstag, 22.15 Uhr

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1718027
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/mkoh/jobr/rus
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.