Jens Spahn bei "Hart aber fair":Und nun: zurück zum Thema Corona-Krise

Titel: âÄžCoronapolitik im Bürgercheck - was muss jetzt passieren?'; Gesundheitsminister Jens Spahn am 30.8.2021 bei "Hart aber fair"

Gesundheitsminister Jens Spahn und "Spiegel"-Journalistin Melanie Amann zu Gast bei Frank Plasberg in der Sendung. Das Thema: "Endlich" wieder Corona.

(Foto: © WDR/Oliver Ziebe; WDR/Oliver Ziebe/© WDR/Oliver Ziebe)

Im neuen "Bürgercheck"-Format bei "Hart aber fair" wird Gesundheitsminister Spahn mit den Corona-Sorgen der Menschen in Fußgängerzonen konfrontiert. Die hilfreichsten Antworten gibt aber ein anderer.

TV-Kritik von Kathrin Müller-Lancé

Nachdem es in den letzten Wochen an allen Ecken der Welt gebrannt hat - im wörtlichen und übertragenen Sinne -, ist es ja fast schon wieder wohltuend, wenn der öffentlich-rechtliche Abendtalk zu den Konstanten zurückkehrt. Zur gut vertrauten Gender-Debatte zum Beispiel, bei der man eh schon alle Argumente kennt oder eben, wie im Fall der vergangenen Hart aber fair-Sendung, zur Corona-Krise.

"Coronapolitik im Bürgercheck: Was muss jetzt passieren?" ist der Titel, und das wüsste man doch tatsächlich ganz gerne. Die Quote der doppelt geimpften Deutschen dümpelt noch immer bei 60 Prozent, immer wieder hört man von Erkrankten, die trotz Impfung andere anstecken. Und dann geht in vielen Bundesländern auch noch die Schule nach den Sommerferien wieder los - oft ohne Luftfilter, weil: zu spät bestellt.

Die Runde besticht durch bekannte Gesichter. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ist da, Melanie Amann vom Hauptstadtbüro des Spiegel, der Darmstädter Lungenarzt Cihan Çelik sowie Janine Wissler von der Linken und Volker Wissing von der FDP.

Um das Corona-Thema wahlkampfgerecht aufzupimpen, hat Frank Plasberg Zuschaueranwältin Brigitte Büscher mit dem Mikro in die Fußgängerzonen der Republik geschickt, zum analogen Community-Management sozusagen. Für diese Sendung war Büscher in Naumburg an der Saale, Neuburg an der Donau und in Aachen unterwegs.

Das Konzept geht mal mehr, mal weniger auf. In den schwächeren Momenten bleibt es bei argumentationslosen Wumms-Zitaten ("Mit Tests, mit Spritzen, ich find's hohl. Ich lass mich auch nicht impfen"), in den stärkeren wird es differenzierter ("Meine Frage wäre, warum sich die Geimpften nicht testen lassen müssen, obwohl sie das Virus übertragen können").

Gesundheitsminister Spahn jedenfalls lässt sich durch keine Frage merklich aus der Ruhe bringen. Dass Corona-Tests ab dem 11. Oktober nicht mehr kostenlos sein sollen, hält er für die richtige Entscheidung: "Warum sollen die anderen für jemanden zahlen, der sich gleichzeitig auch impfen lassen könnte?" Eine Impfpflicht - auch für bestimmte Berufsgruppen - findet er falsch: "Wir müssen aufpassen, dass aus Spannungen nicht Spaltungen werden." Zumindest bei den kostenpflichtigen Tests erntet Spahn Widerspruch. FDP-Generalsekretär Wissing warnt vor einer "mittelbaren Impfflicht", Linken-Vorsitzende Wissler hält das kostenlose Testen nach wie vor für "notwendig" und fürchtet einen Rückgang der Test-Infrastruktur.

Kurzzeitig weht durch die Runde ein Hauch von Proseminar zum Thema Liberalismus. "Liberalismus heißt nicht, die Menschen zu etwas zu zwingen", legt Wissing vor. "Ich dachte, Liberalismus heißt auch, Verantwortung zu übernehmen", entgegnet Spiegel-Journalistin Amann. "Mein Verständnis von Freiheit heißt, ich hab irgendwie auch eine Verantwortung für meinen Nebensitzenden im Büro oder in der Montagehalle", sagt Spahn an späterer Stelle.

Am hilfreichsten, weil konkretesten, antwortet - wie so oft im gemeinen Pandemie-Talk - der Experte. Cihan Çelik, der auf einer Corona-Isolierstation arbeitet, ordnet die Zahlen ein, die immer wieder anklingen: Ja, Geimpfte könnten sich auch infizieren, trügen das Virus jedoch viel seltener weiter, als es Nicht-Geimpfte täten. Nein, unter dem Pflegepersonal sei die Quote der Impfverweigerer nicht besonders hoch, die oft zitierten Zahlen stammten aus einer Umfrage vom Anfang der Pandemie.

Umso alarmierender wirkt Çeliks Urteil zum Schulbetrieb: "Mir ist jetzt nicht klar, was unsere Strategie ist." Dass Berliner Schulen es aufgeben wollen, Kontaktpersonen zu isolieren, klinge danach, "dass wir die Durchseuchungsvariante wählen".

Nur so als Idee: Vielleicht würde sich statt eines "Bürger-Checks" doch eher eine "Bürger-Sprechstunde" mit den entsprechenden Expertinnen und Experten anbieten, um auf die Sorgen und Nöte der Menschen in Naumburg an der Saale, Neuburg an der Donau und in Aachen einzugehen.

Jens Spahn bei "Hart aber fair": Kathrin Müller-Lancé würde gern von sich behaupten, nur in der Arte-Mediathek unterwegs zu sein. Aber dann schaut sie doch zu gern bei RTL exklusiv nach, was die Promis so machen.

Kathrin Müller-Lancé würde gern von sich behaupten, nur in der Arte-Mediathek unterwegs zu sein. Aber dann schaut sie doch zu gern bei RTL exklusiv nach, was die Promis so machen.

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