Süddeutsche Zeitung

Harald Schmidts letzte Sendung:Abendmahl mit Opa

19 Jahre Late-Night-Show: Jetzt hat sich Harald Schmidt verabschiedet. In seiner letzten Sendung durfte Opa Harald vom Krieg erzählen - aber ohne Sentimentalität, die mag er nicht.

Von Hans Hoff

"Die Botschaft ist angekommen. Noch einen schönen Abend", sagt Harald Schmidt am Ende. Zum vierten Mal muss er um 19:23 Uhr auf die Bühne. Längst sind die Kameras im Kölner Studio 449 abgeschaltet, doch das Publikum will nicht aufhören zu klatschen.

Schmidt mag so etwas nicht, das weiß man. Mit offen vorgetragener Zuneigung kann er nicht umgehen, aber er nimmt es an diesem Donnerstag hin. Schließlich hat er gerade seine letzte Show nach 19 Jahren aufgezeichnet. Da darf selbst ein Altmeister wie er einen Anflug von Sentimentalität durchgehen lassen.

Jubiläumsfest und letztes Abendmahl

Mit sechs befreundeten Komikern am gedeckten Tisch hat er vorher seinen Abschied als wirre Mischung aus Opas Jubiläumsfest und letztem Abendmahl zelebriert. Es gab dicke Würstchen, und der Schauspieler Jürgen Vogel durfte ein Witzchen darüber machen. Klaas Heufer-Umlauf wurde vom Gastgeber mit seinem Kumpel Joko verwechselt, und Olli Dittrich musste es sich gar gefallen lassen, dass sein Freund Schmidt ihm jede zweite Pointe zerbröselte.

Nichts sollte glatt gehen an diesem Abend. Das war offensichtlich der Plan, um alle Erwartungen zu unterlaufen. Wieder mal. Man erzählte sich was und hörte dem anderen nicht zu. Wie bei Opas 80. halt. Und Opa Harald durfte vom Krieg erzählen.

Davon, dass er mal beim WDR war. Das lässt ihn nicht los. Das baut er sogar in seine Hoeneß-Scherze ein. "Ich saß selber lange Jahre in einer öffentlich-rechtlichen Anstalt", seufzt er, und dann zieht er noch einen Vergleich zum Bayern-Präsidenten: "Wir haben beide Millionen verzockt, er Euro, ich Zuschauer."

Irgendwann zwischendrin ist auch ein Hauch von Bitterkeit zu spüren. Als Schmidt sich darüber auslässt, dass Sky seinen Abschied frei bei Youtube ausstrahlt, fragt er, was das wohl solle. Ob sich wohl irgendein junger Menschen angesichts dieser Maßnahme entschließe, den Bezahlsender zu abonnieren.

Am Ende stibitzt Pierre M. Krause noch eine Flasche Rotwein, und die Kamera bleibt am geplünderten Abendmahltisch kleben. Eine unberührte Torte ist das letzte Bild, das sie festhält. Dann ist alles vorbei. Aus den Lautsprechern singt Frank Sinatra. "My Way". Gut, dass Schmidt schon weg ist. Das hätte er nicht ausgehalten. So viel Sentimentalität. Das findet er eklig, das ist nichts für ihn.

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Quelle:
SZ vom 14.03.2014/joba
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