Agenten haben keine Nerven, denn wenn sie welche hätten, wären sie auch schon tot. Carl Hamilton (Jakob Oftebro) ist für die CIA unterwegs, sein Kontaktmann in Ramallah ist nicht aufgetaucht, und so schlägt er sich zu den Terroristen, die ihm vielleicht Informationen über einen Anschlag in Stockholm geben könnten, alleine durch. Obwohl sie von der Sorte sind, wo man nur auf Knien und mit einem Sack über dem Kopf vorgelassen wird. Der Chef der Truppe ist eine Frau, auch die Palästinenser gehen mit der Zeit. Sie reagiert ausgesprochen empfindlich auf Hamiltons Fragen, und plötzlich wird geschossen - aber Hamilton schlägt Haken, schnappt sich einen Wagen und kommt irgendwie lebend da raus, alles ohne zu zucken. Das hätte man wissen können. Denn schon in der allerersten Szene der neuen ZDF-Serie Hamilton - Undercover in Stockholm werden in einem Schwimmbad die Absolventen der Spezialausbildung für die Navy Seals aussortiert. Lauter coole Kerle, aber einer nach dem anderen kriegt entgegengeschleudert, sie seien durchgefallen. Nur zwei haben bestanden - einer von ihnen ist Hamilton.
Die Agentenserie ist tatsächlich eine schwedisch-deutsche Co-Produktion, aus dem Genre von 24 und Homeland und amerikanischen Konkurrenzprodukten durchaus ebenbürtig. Die Vorlage hat der schwedische Journalist Jan Guillou geschrieben, ähnlich wie der 007-Schöpfer Ian Fleming ein Mann vom Fach, auch er hatte selbst Geheimdienstverstrickungen, und schon deswegen gilt sein bereits mehrfach verfilmter Agent Hamilton als so eine Art nordischer James Bond. Allerdings war - Guillou begann mit seiner Roman-Reihe in den Achtzigern - die Welt damals noch ein wenig übersichtlicher. Hier muss Carl Hamilton im Grunde nur einen einzigen Fall beackern, der sich über zehn Folgen hinzieht.
Die Actionszenen sitzen, das Tempo stimmt, so wie bei vielen amerikanischen Serien
Der frischgebackene Spezialagent wird als erstes zurück nach Stockholm geschickt, als Zuschauer wird man frühzeitig informiert, dass auch er nicht immer so recht weiß, was gespielt wird - es ist also kein Wunder, dass es ein wenig dauert, sich hineinzufinden in Hamiltons Mission. Ein Anschlag wird verübt, während die Innenministerin eine Rede hält zum 1. Mai. Hamilton hat es nicht geschafft, das zu verhindern. Die Innenministerin überlebt, aber es gibt mehrere Tote - Hamilton muss die Hintergründe aufklären: Ist da irgendwas mit Islamismus oder geht es darum, dass Daten kostbarer geworden sind als Freiheit und Gold zusammen? Er muss dann mit einer schwedischen Ermittlerin zusammenarbeiten, Kristin, die ihn zunächst verdächtigt, aber nicht sagen kann, warum.
Die Serie dockt ans amerikanische Kino- und Serienwesen an, mit einem Plot, der die Figur Hamilton aus dem Kalten Krieg ins 21. Jahrhundert katapultiert. Die Actionszenen sitzen, das Tempo stimmt, so wie bei vielen amerikanischen Serien. Warum dann nicht gleich Homeland? Weil Hamilton dann eben doch bald sehr, sehr europäisch wird - letztlich geht es nicht um Terroristenjagd, sondern um die Abwägung von Freiheitsrechten, um eine Attacke auf Demokratie und Datenschutz, und letzteres ist wahrlich kein amerikanisches Thema. Die Prioritäten sind andere, denn die Welt ist ja doch nicht überall gleich.
Hamilton - Undercover in Stockholm, Mittwoch, 00.45 Uhr, ZDF, und in der ZDF-Mediathek
