Hamburg:Nachlese

Ein Abend mit Texten von und Erinnerungen an den im September verstorbenen Literaturkritiker und Autor Hellmuth Karasek, der nicht nur einen extravaganten Schwimmstil pflegte, sondern auch insgesamt ein besonderer Mensch gewesen sein muss.

Von Thomas Hahn

Wenn es ums Schwimmen geht, darf man dem Urteil von Reinhold Beckmann vertrauen, schließlich ist der Moderator und Fernsehjournalist ein ausgewiesener Sportfachmann. Deshalb war es auch aufschlussreich, wie Beckmann am Mittwochabend bei der Gedenk-Lesung "In Memoriam Hellmuth Karasek" den Schwimmstil seines verstorbenen Freundes beschrieb. Karasek bewegte sich demnach in einer Haltung durchs Wasser, die keinem aquadynamischen Gesetz gehorchte, nämlich aufrecht, nie ganz untertauchend und sehr bedächtig. "Hellmuth war sozusagen eine schwimmende Superzeitlupe", sagte Beckmann. "Er konnte nicht übers Wasser gehen, er konnte durchs Wasser gehen." Das Publikum lachte, und Beckmann trug seinen Spott derart liebevoll vor, dass Karasek sicher herzlich mitgelacht hätte.

Hellmuth Karasek, Journalist, Buchautor, Literaturkritiker, ist im September im Alter von 81 Jahren in Hamburg gestorben. Die Trauer über den Verlust sticht den Angehörigen wohl nicht mehr ganz so tief ins Herz, wie sie das noch vor ein paar Monaten tat. Und so wirkte es sehr angemessen, dass das Literaturhaus Hamburg auf Initiative des Karasek-Freundes und -Kollegen Michael Jürgs jetzt eine Lesung zum Gedenken veranstaltete.

Es ist gar nicht so einfach, die Prominenz des Karasek zu fassen, wenn man ihr gerecht werden will. Karasek war einerseits ein TV-Entertainer, der sich vor allem zwischen 1988 und 2001 im Literarischen Quartett um Marcel Reich-Ranicki einen Namen machte. Andererseits war er ein Mann der Schrift, der gern die kleineren Bühnen der Printmedien bespielte. Er war ein Wanderer zwischen Ernst und Unterhaltung, selbst kein Literatur-Genie, aber ein Meister des komischen, nachdenklichen Schreibens. Und an diesem Gedenkabend, den das Literaturhaus wegen des großen Interesses in die geräumigere Freie Akademie der Künste verlegt hatte, gelang es, diese verschiedenen Facetten Karaseks noch mal aufleben zu lassen.

Zehn Weggefährten sowie Tochter Laura und Sohn Nikolas erzählten von Karasek und lasen aus seinem Werk. Daraus ergab sich ein Bilderbogen der Miniaturen, der den Zuhörern Einblicke in die bunte Welt eines sehr wachen, keineswegs perfekten Geistesmenschen gewährte. Der frühere Wetten, dass ..?-Moderator Thomas Gottschalk redete etwas mehr über sich als über die Hauptfigur des Abends. Aber die anderen, darunter der Moderator Günther Jauch, der Regisseur Jürgen Flimm, der frühere Spiegel-Chef Stefan Aust, feierten tatsächlich Karasek: seine hinreißenden Verrisse, seine hintersinnigen Texte, seine Leidenschaft für Kochen und Fußball, seine Freude am Genuss, seine zotigen Witze, seinen beschissenen Schwimmstil. Die Redner klangen heiter und dankbar. Hellmuth Karasek muss ein toller Mensch gewesen sein.

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