Guillermo del Toro:Die Welt unter dieser

Der Regisseur über seine Fantasy-Kinderserie "Trolljäger" bei Netflix und die Frage, ob Dauerfernsehen bei Eltern zu Recht verpönt ist.

Interview von Karoline Meta Beisel

Der mexikanische Regisseur Guillermo del Toro ist für düstere Fantasy- und Actionfilme wie Pans Labyrinth, Hellboy, Pacific Rim oder die Vampir-Horrorserie The Strain bekannt. Sein neuestes Projekt hat zwar auch mit Gruselmonstern zu tun. Mit dem bisherigen Werk des 52-Jährigen hat es dennoch wenig gemein: Trolljäger ist eine Zeichentrickserie für Kinder. Seit ein paar Tagen sind die 26 Folgen beim Streamingdienst Netflix zu sehen.

SZ: Düstere Fantasy und Kinderfernsehen - passt das zusammen?

Guillermo del Toro: Das passt sogar sehr gut zusammen! Viele Kinder hoffen doch insgeheim, dass es eine magische Welt gibt, von der die Erwachsenen nichts wissen, und in der alles aufregender und spannender ist als zu Hause oder in der Schule. Außerdem ist Trolljäger auch keine klassische Zeichentrickserie.

Warum nicht?

Wir haben versucht, vieles so zu inszenieren, wie es auch in einem Film mit richtigen Schauspielern wäre. Wir sehen die Hauptfigur Jim zum Beispiel häufig in ganz normalen Situationen, etwa in der Schule oder beim Frühstückmachen. Außerdem ist die Beleuchtung der Serie sehr spärlich. Normalerweise sind Animationsfilme ausgeleuchtet wie eine Sitcom, und Alltag sieht man nie. Bei Trolljäger ist das anders. Die Drehbücher sind so gut, dass sie ganz bestimmt auch Erwachsenen gefallen.

Jim findet auf dem Schulweg ein geheimnisvolles Amulett und den Eingang zu einer verborgenen Welt unter der Kleinstadt Arcadia, in der er lebt. Dort leben mächtige, gutmütige Trolle - die er fortan nachmittags nach der Schule mit einem magischen Schwert vor den bösen Trollen beschützen muss ...

Letztlich geht es um die Artussage, um Merlin und das Schwert Excalibur. Ich liebe Sagen, Märchen und Mythen. In meinem Haus habe ich zwei ganze Bibliotheken voll davon.

trollhunters

Ein gewöhnungsbedürftiger Anblick: Jim entdeckt, dass unter seiner Heimatstadt mächtige, gutmütige Trolle leben, die seine Hilfe brauchen. Leider kann er sie nur halbtags beschützen, weil er morgens in die Schule muss.

(Foto: Netflix)

Am Ende der ersten Folge muss Jim ein magisches Schwert aus einem Stein herausziehen, wie der Held in der Artussage. Erst damit beginnt die eigentliche Geschichte - da fällt es schwer, nicht sofort auch die zweite Folge anzusehen.

Ja, man muss jede Folge mit einem großen Fragezeichen aufhören. Das ist ein ganz simples Gesetz beim Serienmachen.

Es gibt aber 26 Folgen, da sitzen die Kinder ja ewig am Stück vor der Glotze. Finden Sie das gut?

Ich bin sicher, dass die Kinder, die heute viel Fernsehen schauen oder Computer spielen, im 19. Jahrhundert die ganze Zeit gelesen hätten, und damals hätten die Eltern vermutlich genauso geschimpft. Es gab immer schon Kinder, die es nicht erwarten können, endlich draußen zu spielen - und andere, die lieber drinnen bleiben und lesen. Das ist einfach eine Persönlichkeitsfrage.

Aber Lesen kommt bei Eltern besser an als Fernsehen.

Ich glaube, im modernen Fernsehen haben wir heute Geschichten, die so gut sind, dass sie mit jeder anderen Form von Unterhaltung mithalten können - wenn sie nicht sogar besser sind.

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