Groschenromane:Mächtige Burschen, raue Gesellen

"Wer lebt sein Leben schon so?": Dieter Walter schreibt seit fast vierzig Jahren Groschenromane. Ein Besuch.

Katharina Riehl

Die Welt in Kristina Brunners Geschichten ist eine Welt mit ziemlich vielen Adjektiven. Schroffe Gipfel gibt es dort, enge Täler, steingraue Berge, schwarze Unwetter, schmächtige Burschen, fleißige Kerlchen, tüchtige Wirtinnen, resolute Haushälterinnen und raue Gesellen.

Groschenromane: Geschichten von Bergdörfern oder Krankenhäusern: Groschenromane wie Toni, der Hüttenwirt  schreiben deren Autoren am Fließband.

Geschichten von Bergdörfern oder Krankenhäusern: Groschenromane wie Toni, der Hüttenwirt  schreiben deren Autoren am Fließband.

Die Welt von Dieter Walter ist eine Wohnung am Stadtrand von Augsburg. Ein kleines Wohnzimmer mit freundlichen Stofftieren, an der Tür hängt ein rotes Stoffherz mit der Aufschrift "Ich liebe dich", an den Wänden Fotos von ihm und seiner philippinischen Ehefrau.

Wenn Dieter Walter Geschichten erzählt, Geschichten von Bergdörfern oder Krankenhäusern, von verbotenen Lieben zwischen Burschen und Madln, zwischen Oberarzt und Krankenschwester, dann heißt Dieter Walter Kristina Brunner. Seit den 70er Jahren schreibt er unter diesem Pseudonym Groschenromane - weil Frauen Liebesgeschichten lieber von Frauen erzählt bekommen, hatte sein Verlag ihm damals gesagt. Rund 350 Geschichten in dünnen Heften auf Umweltpapier hat der 59-Jährige geschrieben, die meisten für den Verlag Bastei Lübbe.

Gestern hatte er dem Franzl die ganze Geschichte anvertraut. Noch nie hatte er mit einem Fremden so offen gesprochen. Aber der Franzl hatte ein so offenes Gesicht, so ehrliche Augen und ein so gutes Herz, dass er in der Lage war, zu verstehen. Es war, als ob ihre Seelen miteinander verwandt wären. (Bergkristall: Seine Lüge - Ihr Geheimnis, S.9f)

Die Regale in Dieter Walters Wohnzimmer sind vollgestellt mit Büchern: Joy Fielding neben Hermann Hesse neben James Joyce. Zwischen den Büchern, am Couchtisch, gibt es Kaffee und Kuchen. Ein Heftroman, erklärt Dieter Walter, ist wie Kasperletheater: "Man hat seinen Hintergrund, sein Set, in den Alpenromanen meist ein bestimmtes Dorf. Die Geschichten sind dann immer ähnlich: Ein junges Paar lernt sich kennen, dann muss ein Hinderungsgrund eintreten, warum sie nicht zusammenkommen können." Dann gibt es noch ein paar andere Regeln: Der Stil muss blumig sein, mit vielen Ausschmückungen, die Sätze nicht zu lang. Und möglichst viel Dialog.

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