Süddeutsche Zeitung

Grönemeyer versus "Bild am Sonntag":Sieg ohne Genugtuung

Lesezeit: 2 min

Von Hans Leyendecker

Vor zwei Monaten fragte das Zeit Magazin den Sänger Herbert Grönemeyer in einem 99-Fragen-Interview, wie er das hinbekomme, "praktisch nie in Bild und Bunte aufzutauchen". Indem "man von vornherein sagt: Ist nicht meine Welt, will ich nicht, aus" , antwortete der 58-Jährige.

Nun ist die Welt, in die er nicht wollte, zu ihm gekommen, und Grönemeyer reagiert entsprechend: "Ich bin hart, aber ungerecht" war schon das Motto seines Vaters.

Bild hatte Ende Dezember ein Video online gestellt, das Szenen enthält, die zeigen, wie Grönemeyer am Kölner Flughafen mit einem Kameramann und einem Fotografen aneinandergeraten war. Der Sänger hatte sich - wie berichtet - gegen die Paparazzi gewehrt, weil er, wie er angab, seine Privatsphäre verletzt sah. Er war mit Lebensgefährtin und Sohn angereist, und die beiden Paparazzi wollten ihn mit seiner Familie fotografieren und filmen.

Landgericht Köln untersagte Verbreitung des Videos

Das Landgericht Köln hatte in der vorigen Woche per einstweiliger Verfügung auf Antrag Grönemeyers die Verbreitung der Videosequenz verboten. Andere Medien hatten das Filmchen ohne Gerichtsbeschluss nach bloßer Aufforderung des Grönemeyer-Verteidigers Christian Schertz gesperrt. Der Springer-Verlag will aber gegen den Kölner Beschluss vorgehen.

Am Dienstag dieser Woche war Grönemeyer dann vor der Zivilkammer 27 des Landgerichts Berlin erfolgreich. Nachdem Bild am Sonntag unter der Überschrift "Prügelattacke am Flughafen . . . Herbert Grönemeyer vermöbelt Fotografen" Ende Dezember über den Fall berichtete, hatte Grönemeyers Anwalt eine Gegendarstellung verlangt.

Landgericht Berlin verfügt Gegendarstellung

"Der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung" erließ die Kammer auf dem Weg der einstweiligen Verfügung eine Gegendarstellung gegen einzelne Aspekte der Berichterstattung, die vermutlich nicht so bald erscheinen wird, weil Springer auch gegen diesen Beschluss zu Felde ziehen will.

Interessanterweise aber wurde der Antrag in einem Punkt zurückgewiesen : Eine Gegendarstellung auf dem Titelblatt, die Schertz auch verlangt hatte, sei "auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Waffengleichheit im vorliegenden Fall nicht geboten", meinte das Gericht.

Grönemeyer setzt sich nicht vollständig durch

Auf der Titelseite war das Thema unter der Überschrift "Prügel am Flughafen" angekündigt worden. Die Punkte, die Grönemeyer vor Gericht angegriffen hatte, gingen "aus dem Titelblatt allerdings noch nicht hervor", wie das Gericht feststellte.

Auch mit Blick auf die vom Grundgesetz geschützte Pressefreiheit wäre deshalb nach Ansicht der Kammer eine Ankündigung der Gegendarstellung auf dem Titelblatt "unverhältnismäßig". Auch im inneren Teil der Zeitung dürfe der alte Kämpfer Grönemeyer "mit einer ausreichenden Kenntnisnahme geneigter Leser rechnen".

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Quelle:
SZ vom 22.01.2015
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