Süddeutsche Zeitung

Gottschalk und Jauch bei RTL:Thommys letzte Chance

Thomas Gottschalk ist mit all seinen Engagements nach "Wetten, dass..?" grandios gescheitert. RTL glaubt trotzdem an ihn. Gemeinsam mit Kumpel Günther Jauch soll Gottschalk nun im Privatfernsehen eine große Unterhaltungshow moderieren und beweisen, dass das Publikum ihn noch sehen will.

Von Matthias Kohlmaier

Seinen Nachfolger öffentlich zu kritisieren ist schlechter Stil, im Sport genauso wie im Showbusiness. Doch während sich Bayerns neuer Trainer Pep Guardiola wohl darauf verlassen kann, dass Jupp Heynckes sich Kommentare verkneifen wird, konnte Thomas Gottschalk seine Meinung nicht für sich behalten.

Als Nachfolger Markus Lanz nämlich Anfang Juni auf Mallorca eine veritable Bauchlandung mit der Sommerausgabe von Wetten, dass..? hinlegte, schrieb Gottschalk in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, dass es in seinem ganzen Leben die erste Ausgabe von Wetten, dass..? gewesen sei, die er komplett gesehen habe. Er schrieb auch: "Es war auch die erste, bei der mir der Schweiß ausgebrochen ist."

Dass Gottschalk mit seiner eigenen Show-Karriere längst nicht abgeschlossen hat, wurde wenige Tage später bekannt. Der Entertainer kehrt via RTL auf den Fernsehbildschirm zurück. "Wir freuen uns, die nächste TV-Saison gleich mit mehreren Gottschalk-Highlights bereichern zu können", sagte RTL-Programmgeschäftsführer Frank Hoffmann. "RTL versteht was von Unterhaltung", pries Gottschalk seinen künftigenArbeitgeber.

Comeback mit Jauch

Am vergangenen Montag bestätigte sich das Gerücht, dass Gottschalk bei RTL zusammen mit Günther Jauch auftreten wird. Die 2 - Gottschalk & Jauch gegen alle heißt die geplante Primetime-Show. Nach gemeinsamen Tagen beim Radio in den achtziger Jahren und der ZDF-Show Die 2 im Zweiten werden die alten Kumpels Gottschalk und Jauch also wieder vereint. Daneben sind weitere Shows mit Gottschalk als alleinigem Moderator angedacht.

Was soll da noch schiefgehen, fragen sich die RTL-Verantwortlichen vermutlich. Gottschalk ist seit Jahrzehnten der Samstagabend-Obermufti, von den Zuschauern bei Wetten, dass..? geliebt wie kaum ein zweiter Moderator - gut, gegen Ende vielleicht nicht mehr sonderlich innig. Als die Leistungen von Nachfolger Lanz aber überschaubar blieben und das neue Konzept nicht so richtig ziehen wollte, wurde Gottschalk plötzlich wieder vermisst. Der perfekte Zeitpunkt, um Thommy zurück auf die Mattscheibe zu bringen, werden sie denken bei RTL.

Sie dürften Recht haben. Das Gottschalk-Engagement ist für Sender, wie auch für Moderator, eine große Chance. RTL brüstet sich gern als der Marktführer unter den Privatsendern. Doch im Juni 2013 dann plötzlich der Schock: Pro Sieben liegt in der Quotengunst bei den 14- bis 49-Jährigen nur noch mickrige 1,5 Prozent hinter RTL. So gering war der Abstand zwischen den beiden Sendern noch nie.

Freilich sagt die Quote nichts aus über die Qualität des Programms. Und RTL-Programmchef Hoffmann hat vor einigen Wochen im SZ-Interview über den Quotenschwund gesagt: "So dramatisch, wie es manchmal dargestellt wird, ist es jedoch auch nicht." Fakt ist aber: B-Promi-Formate wie Die Pool Champions oder Wild Girls - Auf High Heels durch die Wüste sind weder besonders innovativ noch qualitativ hochwertig.

Auf Show-Bombast à la Gottschalk zu setzen, ist aus RTL-Sicht ergo eine kluge Entscheidung. Zumindest zu Beginn sind Mega-Quoten garantiert - wie das Beispiel Markus Lanz bei Wetten, dass..? zeigt. Alle werden neugierig auf das neue Konzept sein. Ob die Zuschauerzahlen Substanz haben, wird sich erst nach mehreren Episoden zeigen - wie das Beispiel Markus Lanz bei Wetten, dass..? zeigt.

Und Gottschalk selbst? Für ihn ist der neue Job bei RTL vielleicht die letzte Gelegenheit, sich selbst auf großer Bühne zu präsentieren. Im kleineren Rahmen ist er in der ARD mit Gottschalk Live grandios gescheitert, der Platz in der Jury des RTL-Supertalents neben Dieter Bohlen wurde ihm schnell zu ungemütlich. Seinem Selbstvertrauen hat das alles keinerlei Abbruch getan, im Gegenteil. "Die Zuschauer wollen mich nicht auf der kleinen Bühne und auch nicht davor, sondern sie wollen die große Show", sagte der 63-Jährige, als sein RTL-Engagement bekannt wurde.

Gesellschaft auf dieser Bühne wird ihm Günther Jauch leisten. Den mögen Kritiker für einen fleischgewordenen Konfirmandenanzug halten, mögen zurecht anmerken, dass sein ARD-Talk nur selten das Bezahlen von Rundfunkgebühren rechtfertigt. Aber er bringt eine Qualifikation mit, die Gottschalk fehlt: Ob Stern TV, 5 gegen Jauch oder Wer wird Millionär?, Jauch kennt sich aus im Privatfernsehen. Er weiß, wie das Publikum zu bezirzen ist, was geht und was gerade nicht mehr.

Aus der Perspektive des üppigen Gottschalk-Egos ist eines womöglich sogar noch wichtiger. Jauch wird seinem Partner jederzeit die Rolle der Rampensau überlassen, wird im Zweifelsfall zugunsten Gottschalks einen Schritt zurücktreten. "Wir nehmen uns gegenseitig nichts weg", hat Jauch das selbst etwas moderater formuliert.

Gottschalk muss etwas beweisen

Was könnte einem Erfolg der Zusammenarbeit von Gottschalk und RTL dann noch im Wege stehen? Womöglich das Gedächtnis der Zuschauer. Christof Baron, Chef des globalen Media-Netzwerkes Mindshare, wird bei W&V so zitiert: "Gottschalk war ein hochgeschätzter und begnadeter Entertainer mit einem sehr eigenen Stil, der allerdings primär durch ein einziges Format geprägt wurde." Könnte heißen: Die Zuschauer mochten den absurd bunt-jugendlich gekleideten und lax moderierenden Gottschalk bei Wetten, dass..?, in anderen Showformaten wollen sie ihn aber nicht sehen.

Für zwei Jahre hat Thomas Gottschalk bei RTL unterschrieben, der Sender hat sich vorbereitet und "maßgeschneiderte Sendungen für ihn entwickelt", wie es aus Köln heißt. Nun muss Gottschalk beweisen, dass die Zuschauer ihn noch immer sehen wollen.

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