Gottschalk-Nachfolge:Wetten, dass Lanz es macht?

Nachdem Hape Kerkeling und Jörg Pilawa freiwillig Verzicht geäußert haben, gilt Markus Lanz nun als derjenige, der das Schlachtschiff der ZDF-Abendunterhaltung retten soll. Alle melden es, das ZDF dementiert - aber man darf sich ernsthaft fragen: Wer soll es denn sonst machen? Und was wäre so schlimm an Lanz?

Ruth Schneeberger

Der Anfang war banal. Markus Lanz wirkte wie ein jugendlicher Dressman, als er 1998 die Moderation von der gestrengen Barbara Eligmann für das RTL-Blaulichtformat Explosiv übernahm. Während seine Vorgängerin die Sendung mit stechendem Blick und beißendem Ernst jahrelang geprägt hatte, war ihr junger Nachfolger im Privatfernsehen zwar immer telegen, aber auch immer ein Stück zu aufgesetzt und zu elegant auf Krawall gebürstet. Doch das ist lange her. Damals war Lanz noch mit der zehn Jahre älteren RTL-Kollegin Birgit Schrowange liiert.

Micheal Lanz

Markus Lanz ist der geborene Nachfolger: Erst übernahm er Explosiv, dann Kerner - und nun womöglich Wetten, dass..?.

(Foto: AP)

Mit seinem Wechsel zum ZDF und als Nachfolger von Johannes B. Kerner wurde von 2008 an alles ein bisschen anders. Anfangs noch erkennbar auf dem Boulevard-Parkett zu Hause, mauserte sich der Brünette zu einem angenehm operierenden Talkmaster. Zu einem, der seine Gäste ausreden lässt, der ein Gespräch am Laufen halten kann, der zwar manchmal noch in seine Vergangenheit zurückzufallen schien, gelernt ist gelernt - aber er wurde immer besser. Zuletzt ließen sich mehrere Gäste in seiner Show dazu hinreißen, ihn darauf anzusprechen und zu loben. Lanz gelang es meist, charmant zu kontern.

Inzwischen kann der 42-jährige ehemalige Klosterschüler aus Südtirol, so scheint es, alles. Kochen wie Kerner und talken, zumindest besser als Beckmann. Markus Lanz wäre weder ein ernsthafter Politik- noch ein leidenschaftlicher Sportmoderator noch taugte er ernsthaft zum Ansagen von Wirtschafts- oder Wetterthemen. Was er inzwischen aber beherrscht wie kein Zweiter, zumindest im Zweiten, ist die angenehme Abendunterhaltung. Wer wäre also besser geeignet für ein Format wie Wetten, dass..? als er?

Man darf sich ernsthaft fragen, wieso Lanz nun offenbar als letzter verbliebener Kandidat gehandelt wird, das ZDF die Meldung weiter dementieren muss und zuvor so viele, darunter auch weniger geeignete, erst absagen mussten, um Lanz nun zum Abschuss freizugeben. Die ersten medialen Stimmen mutmaßen schon, er sei der zuletzt Gefragte, der keine andere Wahl habe, als den unliebsamen Job anzunehmen. Das demontiert ihn zu Unrecht.

Bis auf seine leicht schmierige Blau- und Rotlicht-Vergangenheit im Privatfernsehen gibt es auf den ersten Blick nichts, was Lanz für diesen Job disqualifizieren würde. Er kann mit Stars ähnlich ernsthaft umgehen wie mit vom Schicksal Betrogenen, bietet Kampfhähnen in den meisten Fällen so elegant und unterhaltsam Paroli wie Diven. Mit seinen Gästen, egal welcher Abstammung, geht er geradezu vorbildlich um. Das zeichnet ihn aus. Er ist nicht der härteste Moderator, den die Welt je gesehen hat - aber ein solcher wäre für Wetten, dass..? wohl auch fehl am Platz. Warum also das Hickhack?

Albern hitzige Diskussion

Das ZDF hat den Fehler gemacht, Wetten, dass..? vollkommen auf seinen Moderator zuzuschneiden. Das traurige Ergebnis sehen wir nun: Thomas Gottschalk demontiert sich selbst auf einem anderen Sender, auf einem anderen Sendeplatz. Und seine Nachfolge wird nun schon seit Monaten derart hysterisch diskutiert, dass die Sendung Schaden nimmt, noch bevor sie wieder angefangen hat. Die Verantwortlichen wären gut beraten, das Format und seine Ausrichtung genauer zu überdenken und sich diesmal eben nicht an einem Zugpferd, sondern, Überraschung, vielleicht ja mal am Zuschauer zu orientieren.

Dann wäre die albern hitzige Diskussion darüber, wer das alte Schlachtschiff denn nun mit wem zusammen oder gar alleine unter die Leute bringt, obsolet - und mit Markus Lanz durchaus eine gute Wahl getroffen, wenn nicht sogar die beste.

Denn dieser Moderator wirkt, im Gegensatz zu seinem womöglichen Vorgänger, nur an der Oberfläche eitel. Im Umgang mit Gästen und Themen hingegen ist er in der Lage, sich auch mal zurückzunehmen und die Dinge ernst zu nehmen - oder zumindest das Gefühl zu vermitteln. Was man von Gottschalk schon lange nicht mehr behaupten kann.

Natürlich: Markus Lanz hat die Haare schön, er wirkt manchen zu glatt, zu leichtgewichtig, ein bisschen ölig. Wer sich seine aktuelle Talkshow allerdings genauer ansieht, der muss anerkennen: Das war einmal. Markus Lanz hat Profil entwickelt, und zwar ein angenehm intelligentes.

Entscheidend ist aber, dass der Moderator es schafft, eine Atmosphäre von Respekt zu vermitteln. Seinen Gästen, seinen Themen, der Sendung und vor allem auch seinen Zuschauern gegenüber. Will das ZDF die einzig verbliebene große öffentlich-rechtliche Samstagabend-Familienshow, einst Europas erfolgreichste Fernsehshow, auch nur annähernd so gewinnbringend weiterführen, wird ihm wohl kaum etwas anderes übrigbleiben, als Lanz dafür zu gewinnen, im besten Sinne des Wortes.

Die Klassenclowns Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf würden das ältere ZDF-Publikum verprellen, Barbara Schöneberger wäre zu schrill, Hape Kerkeling zu schade und Pilawa einfach zu langweilig für das Format. Markus Lanz wäre wohl der Einzige, der die Sendung adeln könnte - und andersrum auch die Sendung seine Karriere. Top, die Wette gilt.

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