"Gottschalk live" - TV-Kritik:Ich und Ich

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Gottschalk plaudert fröhlich, aber vor allem über sich. Wie er Heidi Klum damals entdeckt und somit zum Star gemacht habe und später mit ihr öfter mal feiern war und ihr Ehemann Seal, der schüchterne, dann immer lieber zu Hause geblieben sei. So viel zum "Thema des Tages", der Trennung von Heidi und Seal.

Gottschalk live, ARD: Thomas Gottschalk mit Bully Herbig

Meisterten mehr schlecht als recht den ersten Abend: Thomas Gottschalk und Bully Herbig in "Gottschalk live" in der ARD. Die Sendung läuft nun montags bis donnerstags von 19:20 bis 19:50 Uhr, produziert von Grundy Light Entertainment, gesponsert von Haribo.

(Foto: Getty Images)

Wie auch ihm, Gottschalk, die Paparazzi ständig die bösesten Unterstellungen machen würden - aktuelles Beispiel: verwackelte Bilder von Gottschalk und seiner Sekretärin im Berliner Promi-Lokal "Grill Royal". Wie er mit den Stars auf Du und Du sei, zuletzt mit Nicolas Cage, den er erst ein- und dann aus der Sendung wieder ausgeladen habe, wie lustige Bilder belegen sollen. Wie aktuell ein angeblicher Gottschalk-Cousin verarmt in Polen aufgetaucht sein soll, der aber nachweislich gar kein Cousin sei, und den er jetzt nicht für diese Behauptung verklagen könne, weil dann die Boulevardmedien wieder nur abfällig über ihn berichten würden. Über ihn, den Gottschalk. Hin und wieder mag bei dem steten Geplaudere über sich selbst auch mal ein wenig Ironie mit im Spiel sein. Das ist aber deutlich zu wenig. Der Titel dieser ersten neuen Sendung müsste eigentlich lauten: Ich und Ich.

Zum Schluss kommt, Gottschalkseidank, endlich doch noch ein Gast. Weil aber die Sendung nur eine halbe Stunde dauert, der Moderator den gröbsten Teil mit sich selbst verquatscht hat und nun innerhalb kürzester Zeit drei Werbeunterbrechungen eingespielt werden müssen, hat Komödiant Michael "Bully" Herbig kaum noch Zeit für irgendwas. Sein Schlussgag über den peinlichsten Moment seiner Karriere, nämlich eine verhauene Begegnung mit Bernd Eichinger, muss hilflos ans Ende gequetscht werden und ist dann auch nicht lustig.

Bleibt dem Gastgeber ganz zum Schluss, vor dem Publikum auf die Knie zu fallen, für den Folgetag ein Eisbärenbaby zu versprechen und in gespielter Verzweiflung zu betteln: "Ich brauche jeden Zuschauer!" Auch das ist natürlich Show. Thomas Gottschalk braucht das Publikum längst nicht mehr. Das Publikum ihn aber auch nicht, wie diese Sendung eindrucksvoll bewiesen hat.

Im Anschluss an die Sendung müht sich der netzaffine Teil der Zuschauer, via Facebook und im Sendungsforum, ein wenig Lob für das "nie dagewesene" Konzept, vor allem aber vernichtende Kritik über die ständigen Werbeunterbrechungen zu überliefern. Das Spannendste, so ein findiger Kommentar, sei die Ampel vorm Studiofenster gewesen.

Fazit: Wer Thomas Gottschalk mag, wird sich von diesem Mix aus verspätetem Frühstücksfernsehen und verfrühter Late-Night-Show, wie er die Sendung selbst recht treffend bezeichnet, nicht davon abschrecken lassen, ihn weiterhin zu mögen. Seinen Einstand im Ersten haben immerhin 4,34 Millionen Zuschauer verfolgt, was einem Marktanteil von 14,6 Prozent entspricht - und deutlich über dem Senderschnitt am Vorabend liegt. Der Moderator aber sollte dringend lernen, mit Werbepausen umzugehen, wenn sie denn in dieser gehäuften Form so nötig sind. Und mit Sendelängen.

Und wenn die Redaktion im Hintergrund auch noch eine feine Aufgabe für sich findet, womöglich dergestalt, Inhalte zu liefern, vielleicht sogar solche abseits von Gottschalks persönlichem Umfeld, dann könnte aus der "Todeszone" vielleicht ja doch noch etwas werden. Womöglich so etwas wie eine Ruhezone. Gottschalk selbst würde es wohl Wohlfühl-Zone nennen. Mehr allerdings scheint da nicht drin zu sein. Das Geschrei um die Rettung des Vorabends darf sich also nun wieder legen, und zwar getrost zu Bett. Na dann: Gute Nacht.

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