Glenn Beck verlässt Fox News:Rechts raus

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Er zittert, fleht um Gnade und bricht regelmäßig in Weinkrämpfe aus - mit dieser Nummer wurde der amerikanische Verschwörungstheoretiker Glenn Beck über Nacht zur Fernsehsensation. Nun verliert der Hysteriker der Nation seine Fernsehbühne.

Jörg Häntzschel

Als seine Mutter ertrank, half ihm "Dr. Jack Daniels". 15 Jahre lang kiffte er sich täglich high. Er tingelte kreuz und quer durch die amerikanische Provinz, von einem Radiosender zum nächsten, und wollte sich zur Musik von Kurt Cobain erschießen. Dann wurde Glenn Beck Mormone - und Amerikas krasseste und polarisierendste Medienfigur. Nun ist Becks dreijähriger Gig als Hysteriker der Nation vorbei. In den nächsten Monaten, so kündigte er am Mittwoch an, werde er Fox News verlassen, den Sender, dem er Traumquoten brachte, der ihn aber am Ende nur noch loswerden wollte.

Glenn Becks Verschwörungstheorie basiert auf der Grundthese, dass Obamas Reformen einem sozialistischen Putsch gleichkommen. Amerikas polarisierendste Medienfigur brachte Fox News Traumquoten ein, jetzt will ihn der Sender nur noch loswerden. (Foto: REUTERS)

Beck, dessen Fernsehkarriere 2006 bei CNN Headline News begann, kam zur gleichen Zeit zu Fox News, als Barack Obama gewählt wurde. Und dessen Politik ist sein einziges Thema. Seine Show ist eine einzige Verschwörungstheorie, die Beck täglich mit ein paar neuen Schleifen weiterspinnt. Alles basiert auf derselben, wieder und wieder bemühten Grundthese: Obamas - schüchterne - Bemühungen, in den USA für mehr soziale Gerechtigkeit zu sorgen und das verwilderte Land zu zivilisieren, mit der Gesundheitsreform, mit etwas schärferen Umweltauflagen, kämen einem sozialistischen Putsch gleich. Und Sozialismus münde in Faschismus.

Was Beck jeden Nachmittag abzieht, wirkt auf den ersten Blick wie schlechtes Kabarett. Auf den zweiten ebenfalls. Mit Kreide in der Hand steht er vor bis zu drei Schultafeln, auf denen er in bizarren Diagrammen erklärt, wie die Welt funktioniert. Da sind Kreise, die sich überschneiden; Pfeile in alle Richtungen; und dazwischen, klein hingekritzelt, ganz große Worte: "Sozialismus", "Faschismus", "Vereinte Nationen", "Staat", "Freiheit", "Gedankenkontrolle". Gerne klebt er auf die Tafel auch noch die Köpfe seiner Lieblingsfeinde: Hitler und Stalin, Ahmadinedschad und Nancy Pelosi. Oder den Kopf irgendeines linken Masterminds des ganzen Komplotts.

Beck ist nicht der erste, der mit Monologen wie denen eines Straßenpredigers ein Millionenpublikum in Atem hält. In den Sumpfgebieten des amerikanischen Talk Radios wird rund um die Uhr gehetzt und geflucht. Becks Apokalyptik hat schon immer ihren Platz im amerikanischen Bewusstsein. Doch kein anderer gab dem Format derartigen Unterhaltungswert. Sein Geheimnis ist, dass er die Ängste, die er so gekonnt aufpeitscht, am schlimmsten selbst zu durchleiden scheint. Er zittert, fleht um Gnade und bricht regelmäßig in Weinkrämpfe aus. Alles aus Sorge um die Nation.

Mit dieser Nummer wurde er über Nacht zur Fernsehsensation. Die Obama-Hasser, denen die zumindest oberflächlich um Seriosität bemühten elder statesmen von Fox News zu zahm waren, hingen an seinen Lippen. Sie kauften das Gold, das er für harte Zeiten empfahl. Und gründeten schließlich die Tea Party.

Doch spätestens als Beck im vergangenen August, am 47. Jahrestag von Martin Luther Kings "I Have a Dream"-Rede, am selben Ort zu seiner Privatdemonstration aufrief, begann er, den Fox-Verantwortlichen unheimlich zu werden. Mehrere hundert Werbekunden hatten zu diesem Zeitpunkt bereits ihre Spots aus Becks Sendung abgezogen. Und Obama hatte gesagt, Fox News sei "nicht wirklich ein Nachrichtensender".

Beck will jetzt dorthin zurückkehren, wo er herkam, ins Radio. Doch wer weiß, was noch auf ihn wartet: wenn Amerika von China versklavt wird oder die Weltregierung die Macht übernimmt. Er wird kämpfen!

© SZ vom 08.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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