Sean Hannity ist nach Singapur gekommen und moderiert seine Fox News-Sendung am Montagabend entspannt von einer Dachterrasse. Er kann sich schon vor dem Gipfel als Sieger fühlen. Zumindest nach Maßstäben der Medienbranche: Donald Trump wird ihm nach dem Treffen mit Kim Jong-un ein Exklusiv-Interview geben, das Hannity stolz für Dienstagabend ankündigt.
Nun ist der 56-Jährige kein Journalist, sondern ein Trump-Promoter im Moderatoren-Outfit. Der US-Präsident ruft ihn regelmäßig an und gibt ihm ab und zu ein Interview. Hannity verzichtet dort auf kritische Fragen und verteidigt den 71-Jährigen morgens in seiner Radio-Show und allabendlich zur besten Sendezeit im konservativen Nachrichtenfernsehen.
Bilder vom Gipfel:"Sehen wir freundlich, attraktiv und dünn aus? Perfekt"
Trump und Kim haben offenbar Spaß daran, gemeinsam zu posieren. Und auch sonst macht das Spektakel in Singapur viel her. Der Gipfel in Bildern.
Und so zieht Hannity bereits Sekunden nach dem historischen Handschlag zwischen Trump und Nordkoreas Diktator Kim Jong-un eine Bilanz: "Es ist schon einiges erreicht worden", sagt er und zählt alle echten und nicht so echten Trump-Erfolge auf. Wobei er natürlich wie der Präsident ganz am Anfang beginnt: Mit dessen Sieg in den Vorwahlen 2016, mit dem niemand gerechnet hätte. Und so sei eben auch dieses Treffen ein Zeichen dafür, dass Trumps Unberechenbarkeit funktioniere.
Danach wendet sich Hannity Kritikern und Demokraten zu: "Wenn sie etwas intellektuelle Ehrlichkeit hätten, würden sie zu Kreuze kriechen." Die aus Washington zugeschaltete Präsidentenberaterin Kellyanne Conway stimmt ihm erfreut zu und der ehemalige Präsidentenberater Sebastian Gorka, der neben ihm sitzt, haut lächelnd noch einen Superlativ raus, um Trumps Überholspur-Diplomatie zu charakterisieren: "Einstein hat die Lichtgeschwindigkeit mit seiner Gleichung berühmt gemacht. Jetzt werden wir von der Trump-Geschwindigkeit reden müssen."
Trump als 007 und Kim als Bösewicht
Schon vor dem Zusammentreffen der beiden Staatschef brachte Fox News sich und seine konservativen Zuschauer in die richtige Stimmung. Moderator Bret Baier zeigte ein Filmchen des australischen Senders ABC News, bei dem Trumps Kopf auf den Körper des britischen Geheimdienst-Machos James Bond montiert wurde. Unter dem Bild steht in 007-Manier: "Trump. Donald Trump."
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Der Zuschauer sieht in dem Clip, wie ein ausgebuffter Trump mit dem Waffenbastler Q redet. Sein Sportwagen hat das Kennzeichen MAGA, die Abkürzung von Trumps Wahlkampf-Slogan "Make Amerika Great Again". Auf einer Militärbasis trifft 007-Trump mit Kim Jong-un zusammen und liefert sich mit eben diesen später eine Verfolgungsjagd, bei der Kim eine Bazooka abfeuert.
Weitere Auftritte haben Sonderermittler Robert Mueller, Pornodarstellerin Stormy Daniels und Melania als Bond-Girl. Und die Geheimdienstchefin "M" sagt dann auch noch den Satz: "Wir ziehen es vor, unsere schlechten Nachrichten nicht von CNN zu bekommen", während Trump "Fake News, Fake News" plärrt.
Einen Kanal hinter Fox News auf der Fernbedienung ist die Stimmung erwartungsgemäß kritischer. MSNBC ist für die Demokraten, was Fox News für die Republikaner ist. Um einiges seriöser, aber eben auch nur eine bestimmte Wirklichkeit darstellend. "Der Präsident berührt Kim Jong-un ziemlich viel", wundert sich Moderatorin und Liberalen-Ikone Rachel Maddow beim Blick auf das Handschlag-Video und ihre Studiogäste grinsen. "Das beruht nicht auf Gegenseitigkeit. Es sind viele Gesten, Berührungen. Der Präsident lächelt viel."
Ben Rhodes, unter Barack Obama im Beraterstab für Nationale Sicherheit, erwähnt kurz, dass der amtierende US-Präsident offenbar keinen Wert darauf legt, mit dem Diktator über Fragen von Menschenrechten und Demokratie zu sprechen. Das Thema interessiert die Runde allerdings auch nicht besonders, schnell landet man beim Lieblingsthema der Demokraten: Russland.
"Kein Zufall" könne es doch sein, dass Trumps G-7-Spaltung genau das sei, was Russlands Präsident Wladimir Putin wolle. Und wie profitiert er eigentlich von Trumps Nordkorea-Politik? Wenn es um die angebliche Trump-Russland-Verbindung geht, ist keine Theorie tabu.
Auf CNN zeigt sich fast zeitgleich die Absurdität der amerikanischen Gegenwart. Der ehemalige Nationale Geheimdienstdirektor James Clapper gesteht: "Ich habe schon lange dafür plädiert, Dennis Rodman einzuschalten. Er kennt Kim, er kennt Trump."
Dennis Rodman trägt eine Trump-Kappe und fängt an zu weinen
Der ehemalige Basketball-Profi Rodman pflegt bereits seit Jahren ein gutes Verhältnis zur Diktatoren-, aber auch zur Trump-Familie. Und er ist wenig später aus Singapur zugeschaltet, mit roter "Make America Great Again"-Baseballmütze auf dem Kopf, Sonnenbrille und im T-Shirt seines Sponsors, einer Cannabis-Kryptowährung.
"Das nordkoreanische Volk hat Herz, Seele, Charisma und liebt einander", sagt er. Ob er bei seinen Stippvisiten auch die Gulags des Landes besichtigte, ist ebenso unklar wie das meiste seiner unzusammenhängenden Erzählungen. "Wenn Trump das schafft - alle Macht für ihn!", ruft er, um kurz darauf in Tränen auszubrechen. Nach seiner ersten Nordkorea-Reise habe er viele Todesdrohungen bekommen. "Ich konnte nicht einmal nach Hause, ich musste mich für 30 Tage verstecken."
Moderator Chris Cuomo blickt zunächst entgeistert und dann so, als würde er gleich mitweinen wollen. Politik ist im Amerika von 2018 eine neue Spielart des Reality-TV, doch Donald Trump ist nicht allein dafür verantwortlich.