Vier Männer, eine Frau - die Gästeauswahl von Markus Lanz war am Mittwoch recht typisch. Typisch nicht nur für die ZDF-Talkshow, die in jeder Sendung zwar eine Frau unter die Gäste mischt, aber so gut wie nie eine zweite. Typisch aber auch für das Fernsehprogramm insgesamt: Vier von fünf Experten, die in Informationssendungen zu Wort kommen, sind männlich. "Männer erklären uns die Welt", das war das Fazit, das Elizabeth Prommer vor einem Jahr über das deutsche Fernsehen zog.
Damals legte die Medienforscherin der Uni Rostock mit Ko-Autorin Christine Linke eine Studie zur Darstellung der Geschlechter in Film und Fernsehen in Deutschland vor, zur "Audiovisuellen Diversität", wie das in der Fachsprache heißt. Demnach kommen Frauen nicht nur in Nachrichtensendungen und Talkshows seltener vor als Männer, sondern auch in Filmen, Serien und im Kinderfernsehen: Über alle Programme hinweg sind für jede Frau zwei Männer zu sehen. Wenn Frauen vorkommen, dann junge, ab 30 Jahren kommen Frauen immer seltener vor. Selbst im Kinderfernsehen ist nur jede vierte Figur weiblich, bei Fantasiefiguren sogar nur eine von zehn.
Die Studie sorgte für Aufsehen - auch weil Schauspielerin Maria Furtwängler, die die Idee dazu hatte, mit Nachdruck und Prominenz für das Thema wirbt. Senderchefs, Produktionsfirmen und Programmdirektoren gelobten, sich für mehr Gleichstellung einzusetzen. Das ist nun fast ein Jahr her. Was ist seither passiert?
"Ich glaube, dass sich schon etwas bewegt hat", sagt Maria Furtwängler. Elizabeth Prommer berichtet, sie sei mit Anfragen von Sendern überrollt worden, die Studie noch einmal in den Häusern vorzustellen, und das Interesse halte weiter an. Mit Zahlen belegbar ist dieses Gefühl bislang nur im Einzelfall, etwa bei den Informationssendungen von RTL oder der ARD-Produktionstochter Degeto (siehe unten); Zahlen für das gesamte Fernsehprogramm will die Uni Rostock erst von 2019 an wieder erheben. Vor allem bei Serien und Filmen vergeht viel Zeit vom Produktionsauftrag bis zur Ausstrahlung, sodass dort auch die ambitioniertesten Vorsätze nur langsam wirken können. Außerdem sei es für kleine Produktionsfirmen oder Sender leichter, sich zu bewegen als für große, sagt Furtwängler. Aber gerade die sieht sie in der Pflicht: "Vor allem ARD und ZDF haben den Auftrag, die Gesellschaft abzubilden, und bislang tun sie das nicht."
Das Geschlechterverhältnis auf dem Bildschirm zu verändern, ist für sie nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit: "Wenn wir nur so eingeschränkte Frauenbilder zeigen, schränken wir damit auch die Fantasie unserer Zuschauer ein." Und zwar nicht nur die der Männer, auch Frauen seien durch eine einseitige Bilderwelt konditioniert. Die Schauspielerin hat das Phänomen auch an sich selbst beobachtet; vor ein paar Jahren sei sie mal instinktiv erschrocken, als sich über den Lautsprecher im Flugzeug nicht ein Pilot, sondern eine Pilotin meldete. "Instinktiv trauen wir gewisse Dinge auch eher einem Mann zu als einer Frau", sagt Furtwängler.
Ü30: Die Protagonistinnen in "Wir sind doch Schwestern"
(Foto: ARD Degeto)