Es ist dieser Moment am Trapez, in dem klar wird, dass nur Finalistin Jana diese Show gewinnen kann. Untermalt von sanfter Musik hängt die Blondine im Seil, lässig, verträumt, konzentriert. Man hat den Eindruck: Sie ist ganz bei sich. Schön sieht das aus, kühl und ruhig. Ein Moment, wie er eigentlich gar nicht vorgesehen ist in der Pro-Sieben-Sendung Germany's Next Topmodel, in der doch sonst alles auf Krawall, Action, Tränen und Publikum ausgerichtet ist. Es ist einer der wenigen Momente, die den Zuschauer froh stimmen, eingeschaltet zu haben.
Der Moment der Entscheidung: Jana gewinnt die sechste Staffel von Germany's Next Topmodel.
(Foto: dpa)Denn sonst gilt auch für das Finale der sechsten Staffel: Es glitzert und wummert und leuchtet in der Arena in Köln. Es geht wie immer auch darum, die jeweils vergangene Staffel zu toppen: der bessere Liveact, die spektakuläreren Lichteffekte, die schrilleren Outfits. Das gelingt. So sehr sogar, dass die eigentlichen Protagonisten auf der Bühne fast untergehen. Hölzern und verloren staksen die vermeintlichen Topmodels über den riesigen Laufsteg, hölzern und ziemlich auswendig gelernt klingt auch die Moderation von Heidi Klum und ihren Side-Kicks, Thomas und Thomas.
Es wird einem fast schmerzlich bewusst, was Germany's Next Topmodel eigentlich ist - eine gewaltige Model-Produktion, angetrieben von einer Blondine mit Betonlächeln. Fast fühlt man sich an eine dystopische Menschenfabrik erinnert, in der Heidi Klum sich hübsche "Meedchen", wie sie selbst die jungen Frauen nennt, schafft - gruselig, irgendwie. Aber letztlich auch faszinierend: so bunt, so glatt. Und auch erfolgreich: Nach einem Quotentief in der fünften Staffel hat sich Heidi Klum mit der sechsten Staffel wieder nach oben gekämpft.
Den besten Auftritt im Finale hat die Model-Chefin für sich selbst reserviert. Zu den Klängen von "Teardrops" von Massive Attack - ein wundervolles Lied - schwenken die 15.000 Zuschauer ebenso viele weiße Blumen, während Heidi göttinnengleich aus einer riesigen weißen Kunstblüte steigt. Die andächtige Stimmung währt jedoch nur kurz. Ungefähr so lange, bis Heidi Klum in voller Pracht auf der Bühne steht. Erster Schreck: Was hat sie bloß an? Sie trägt einen Anzug mit Schulterpolstern, schrill-regenbogenfarbenem Muster, Blumen-Applikationen. Und ein bisschen Lack und Karos gibt's auch. Das Outfit sieht aus, als habe es sich Klum bei Thomas Gottschalk abgeguckt.
Die Qualitäten des Wetten, dass..?-Moderators hat Klum aber doch nicht. Da kann auch das Gekreische in der Arena nicht darüber hinwegtäuschen, dass es unendlich dröge ist, wie sich Heidi mit ihren beiden Jury-Kollegen durch die Show kämpft. Von "drei Mädels voller Träume und Hoffnungen" spricht die sonst so strenge Model-Mama und probiert sich auch an ein paar Zoten: "Ich weiß was mein Mann sagt, wenn ich nach Hause komme: Schatz, warum kannst du dich nicht so schnell ausziehen?" So kommentiert sie den sogenannten Quick Change, also den Lauf, bei dem sich die Kandidatinnen in Sekunden umziehen müssen. Immer wieder versichern außerdem alle im Kreis, wie lieb sie einander haben - unterstützt von zahlreichen Rückblenden, dem Walk der Top 20 und einem wieder und wieder angekündigten Höhepunkt.
Wie ein Wienerchen beim Würstel-Schnappen lässt Heidi Klum dem Zuschauer das Topevent des Abends vor der Nase baumeln: Lady Gaga tritt auf. Leider erst nach eineinhalb Stunden. Die Sängerin und ihre große Nase geben ein seltsames Bild ab nach all den Klum-Klonen. "I'm beautiful in my way, because god makes no mistakes", singt Lady Gaga - "ich bin schön auf meine Weise, weil Gott keine Fehler macht". Tatsächlich?