Süddeutsche Zeitung

Germany's Next Topmodel:"Ich sag jetzt nicht Meeedchen, ich sag Models"

In der neuen Staffel von "Germany's Next Topmodel" ist die älteste Kandidatin 68 Jahre alt. Über Heidi Klums neuen Versuch, alles richtig zu machen.

Von Kathrin Müller-Lancé

Große Nachrichten soll man kurz und schnörkellos verkünden - also: Die Zeit der Meeedchen ist vorbei. Dabei hatte es bisher zu "Germany's Next Topmodel" gehört wie das Umstyling und die Shootings mit dem nachnamenlosen Fotografen Rankin, dass Heidi Klum mindestens einmal zwischen jeder Werbeunterbrechung in schriller Tonlage ihre Kandidatinnen als "Meeedchen" ansprach. Damit soll in dieser 17. Staffel Schluss sein.

Auf Instagram konnte man schon vor einigen Tagen in einem aus Outtakes zusammengezimmerten Clip sehen, wie schwer es Klum offenbar fällt, auf ihre Signature-Vokabel zu verzichten. Immer wieder verspricht sie sich in ihren Anmoderationen: "Okay, ich sag jetzt Models, ich sag jetzt nicht Meeedchen. Ich sag Models ... Jetzt hab ich schon wieder Meeedchen gesagt." Ihrer Gastjurorin Kylie Minogue, immerhin auch schon 53, erklärt Klum: "There were always girls, but now, we also have ladies."

Hintergrund für diese neue Sprachregelung ist freilich Klums stetes Bemühen um mehr "Diversity". Diese tritt in der aktuellen Staffel vor allem in Form von älteren Kandidatinnen auf, namentlich Barbara (Babsi), 68 Jahre, Lieselotte (Liese), 66 Jahre, und Martina (Martina), 50 Jahre. Unterhaltungstechnisch ist das ein großer Gewinn, vor allem die rüstige Liese mausert sich schnell zur Seniorin der Herzen. In den achtziger Jahren sei sie zum letzten Mal geschminkt worden, fürs DDR-Fernsehen, erzählt sie, damals habe sie in einer Frauenrockgruppe namens Mona Lise gespielt.

Dass Heidi Klum die Regeln zur Teilnahme an ihrer Show aufweicht, ist nicht neu. Schon die vergangene Staffel hatte im Zeichen des D-Wortes gestanden, es gab Plus-Size-Models, Petite-Models, eine gehörlose Kandidatin, das Finale gewann die Transfrau Alex Mariah Peter. Da erscheint es nur konsequent, dass sich Klum in weitere Bereiche vorarbeitet. Ihr Diversity-Konzept promotet die Geschäftsfrau in diesem Jahr sogar noch eifriger als die Musik von Tokio Hotel im vergangenen Jahr. Die Altersspanne der Kandidatinnen liege zwischen 18 und 68 Jahren, flötet Klum stolz, die der Kleidergrößen von 30 bis 54. "Ich bin sogar stark tätowiert und curvy", stellt Kandidatin Lenara fest.

"Es ist einfach fucking Pro Sieben"

Vermutlich gehört es auch zum inklusiven Anspruch dieser Staffel, dass die Modelchefin den Titelsong höchstpersönlich vertont hat. Rod Stewarts "Baby Jane", das als Grundlage für dieses außergewöhnliche Stück Musikgeschichte dient, muss toleranztechnisch viel aushalten, während Snoop Dogg den Refrain rappt und Klum ihn - ja, was eigentlich - haucht? Stöhnt? Ächzt?

"Es ist einfach fucking Pro Sieben zur Primetime, Alter", konstatiert irgendwann eine der Kandidatinnen. "Es ist nicht einfach, keine Ahnung ey, was weiß ich, ARD oder so." Stimmt. Und es ist auch immer noch fucking "Germany's Next Topmodel", und das funktioniert trotz aller Vielfaltsbekenntnisse nun mal so, wie es funktioniert. Oder wie Klum es ausdrückt: "Es reicht nicht nur, divers zu sein, sie müssen auch modeln am Ende des Tages."

Drum wird schon in der ersten Folge gnadenlos über den feuchten Laufsteg gestolpert. Als eine Kandidatin fragt, ob sie unter ihrem Kleid eine Unterhose anbehalten dürfe, erntet sie von der Designerin einen enttäuschten Blick. Und sogar eine erste Unsympathin wird auserkoren. Kandidatin Sophie ballert ungeschickterweise nacheinander Sätze wie "Ich möchte, dass mich die ganze Welt sieht" und "Ich bin einfach ein Main Character" in die Kamera. Man ahnt jetzt schon, dass das nicht gut ausgehen wird.

Was offenbar alle noch so verschiedenen Kandidatinnen eint, ist eine große Demut. Ehrfurchtsvoll dürfen sie von dem Format und dessen neuer Offenheit schwärmen. "Dass ich das in meinem Alter noch erleben darf", sagt die silberhaarige Babsi. Kandidatin Paulina nennt als Grund, warum sie an der Castingshow teilnehme: "Um spreaden zu können, dass man eben doch seine Ziele und Träume erreichen kann, egal, wie alt man ist." Sie ist 32.

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