Süddeutsche Zeitung

Geistiges Eigentum:"Bild"-Zeitung klagt gegen "Focus Online"

Das Internetportal schreibe systematisch exklusive Bezahl-Inhalte der "Bild"-Zeitung ab, so der Vorwurf.

Die Bild-Zeitung hat beim Landgericht Köln eine Klage gegen Focus Online eingereicht. Das Online-Medium schreibe systematisch exklusive Bezahl-Inhalte von Bild-Plus ab und mache sie zum Teil des eigenen, auf Reichweite zielenden Geschäftsmodells, teilte die Bild am Dienstag mit. Das sei eine gezielte Behinderung des Geschäftsmodells eines Wettbewerbers und verletze außerdem das sogenannte Datenbankrecht im Urheberrechtsgesetz.

Das Datenbankrecht schützt nicht einzelne Inhalte, sondern das Sammeln und Zusammenstellen dieser Inhalte. Ein Beispiel für eine Verletzung des Datenbankrechts wären etwa Internetportale, die Flugpreise vergleichen und die Daten dafür eins zu eins von den Portalen der Fluggesellschaften übernehmen.

Der Rechtsstreit zwischen Bild und Focus Online könnte für die gesamte Medienbranche von Interesse sein. In Zeiten sinkender Auflagen und Werbeeinnahmen etablieren immer mehr Verlage kostenpflichtige digitale Angebote. Auch der Süddeutsche Verlag. Die Bild-Zeitung war mit Bild-Plus einer der Vorreiter auf diesem Gebiet und wirft Focus Online nun vor, eben dieses Geschäftsmodell unterwandern zu wollen.

"Das Wertvollste, was wir als journalistische Marke haben"

Ein Sprecher von Hubert Burda Media sagte der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag, die Klage gegen Focus Online liege in München noch nicht vor. Daher könne man sich noch nicht dazu äußern. Ein Sprecher des Landgerichts Köln bestätigte, eine entsprechende Klage des Axel Springer Verlags sei am 12. Januar eingegangen. Es handle sich um eine "sehr umfangreiche Klageschrift".

Bild hat nach eigenen Angaben über mehrere Monate sämtliche Bild Plus-Artikel und deren exklusive Inhalte mit den kostenlosen Inhalten von Focus Online abgeglichen.

Dabei habe sich gezeigt, dass Focus Online die Bild-Plus-Geschichten "systematisch und oft schon unmittelbar nach der Erstveröffentlichung" für die eigene Homepage verwerte. "Das überschreitet die Grenze des Zulässigen", sagte Rechtsanwalt Felix Stang, der in dem Verfahren die Bild-Zeitung vertritt. Die Bild-Zeitung klagt nun auf Unterlassung, verlangt Auskunft über die Arbeitsweise bei Focus Online und will eine Schadenersatzfeststellung erreichen. "Für uns geht es hier um das Wertvollste, was wir als journalistische Marke haben: unsere mit eigenen Ressourcen recherchierten Inhalte", sagte der Chefredakteur von Bild Digital, Julian Reichelt.

Ansgar Ohly, Professor an der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München, sagte gegenüber Süddeutsche.de, er sehe es als "nicht aussichtslos, aber eher unwahrscheinlich" an, dass die Bild-Zeitung mit ihrer Klage Erfolg hat. Immerhin scheine die Zeitung Focus Online nicht vorzuwerfen, Textausschnitte zu kopieren, sondern nur die Information zu übernehmen. Es sei also fraglich, ob das Datenbankrecht hier greife.

Auch was den Vorwurf des unlauteren Wettbewerbs angehe, ist Ohly skeptisch. Das bloße Ausnutzen der Leistung eines Anderen, wie es Focus Online mit dem Abgleichen und Wiederverwerten von Informationen der Bild-Zeitung mache, sei nach bisheriger Rechtsprechung für sich noch keine Behinderung des Wettbewerbs.

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