Süddeutsche Zeitung

Großbritannien:Solidarität mit Gary Lineker wächst - BBC muss Sendungen absagen

Weil der ehemalige Fußballer der Regierung eine Nazi-Wortwahl im Zusammenhang mit Geflüchteten vorgeworfen hat, darf er seine Fußballsendung nicht mehr moderieren. Jetzt springen ihm die Fußballer-Gewerkschaft und Spieler bei.

Nach der Suspendierung des Ex-Fußballers Gary Lineker von der Moderation der britischen Fußballsendung "Match of the Day" im Streit um einen regierungskritischen Tweet zeigen sich immer mehr BBC-Kollegen und Fußballer solidarisch mit dem 62-Jährigen. Die englische Profi-Fußballergewerkschaft PFA teilte am Samstag mit, sie unterstütze Spieler, die für die Sendung keine Interviews geben wollten. "Wir würden alle Mitglieder unterstützen, die mit Konsequenzen konfrontiert wären, weil sie sich entscheiden, ihren TV-Verpflichtungen nicht nachzukommen", hieß es in der Mitteilung der PFA. Der Mitteilung zufolge sollte es am Samstag keine Interviews für "Match of the Day" mit Premier-League-Spielern geben.

Die BBC hatte am Freitag mitgeteilt, dass Lineker die Sendung am Samstag nicht moderieren werde. Der frühere englische Nationalspieler hatte sich nicht entschuldigen wollen für einen Tweet, in dem er der Regierung Nazi-Wortwahl im Zusammenhang mit Geflüchteten vorwarf. Die BBC sah darin ihre Richtlinien zur Unabhängigkeit ihrer Mitarbeiter verletzt.

Kurz nach Bekanntwerden der Suspendierung hatten auch die Experten und Ex-Fußballer Ian Wright und Alan Shearer angekündigt, nicht in der Sendung erscheinen zu wollen. Weitere Fußballexperten und BBC-Mitarbeiter schlossen sich an. "Match of the Day" soll nach BBC-Angaben als Spieltags-Zusammenfassung ohne Moderation und Kommentare gesendet werden. Andere Fußballsendungen der BBC mussten jedoch wegen des Boykotts von Mitarbeitern abgesagt werden.

Inzwischen hat sich auch der ehemalige Labour-Chef Jeremy Corbyn solidarisch mit Lineker gezeigt. Corbyn sagte, Lineker habe das perfekte Recht, seine Meinung zu äußern. Sogar nach dem Verhaltenskodex der BBC sei es erlaubt, kritische Meinungen zu äußern - vorausgesetzt es betreffe nicht das Arbeitsgebiet des jeweiligen Mitarbeiters. Corbyn kritisierte laut einem Bericht des Guardian, dass sich die öffentliche Aufmerksamkeit weg von Asylpolitik hin zu Lineker und der BBC verschoben habe.

Konservative reagierten empört auf Linekers Äußerung

Lineker, der seit 2009 die BBC-Sendung "Match of the Day" präsentiert, hatte getwittert, die Sprache, mit der die konservative Regierung für ihre umstrittene Asylgesetzgebung werbe, sei "Deutschland in den 1930er-Jahren nicht unähnlich". Premierminister Rishi Sunak und Innenministerin Suella Braverman reagierten empört. Mehrere Abgeordnete der Konservativen Partei forderten die BBC auf, sich von Lineker zu trennen.

Die britische Regierung will Migranten, die ohne offizielle Erlaubnis einreisen, zunächst in Unterkünften festhalten und dann nach Ruanda oder in andere Staaten ausweisen. Das Recht, Asyl zu beantragen, soll ihnen entzogen werden. Die Pläne könnten gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen. Innenministerin Braverman hatte mit Blick auf die steigende Zahl von Menschen, die unerwünscht über den Ärmelkanal ins Land kommen, unter anderem von einer "Invasion" gesprochen.

Kritiker werfen ihr und anderen Regierungsmitgliedern vor, mit ihrer Ausdrucksweise Hass gegen Ausländer zu schüren. Die BBC hat sich einer strikten Neutralität verschrieben. Lineker, der bei Twitter etwa 8,6 Millionen Follower hat, hat die konservative Regierung wiederholt kritisiert. Der Ex-Stürmer gilt mit einem Grundgehalt von 1,35 Millionen Pfund (1,51 Millionen Euro) als bestbezahlter BBC-Moderator.

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