Die Wartezeit war dieses Mal besonders lang: Mit Verspätung startete am 17. Juli die siebte und vorletzte Staffel der HBO-Serie Game of Thrones. Die Episoden sind immer in der Nacht von Sonntag auf Montag auf Sky erstmals zu sehen, später auch auf Amazon Prime und iTunes. Auf SZ.de besprechen wir die einzelnen Folgen jeden Montag für Fans nach. Aber Achtung: Spoilergefahr!
Episode 7: Der Drache und der Wolf
Was wir erwartet haben:
Teuer war's. Nicht nur in Sachen Spezialeffekte-Budget, sondern auch in Sachen menschliche und drachische Opfer. Aber die glorreichen Sieben (und Kavallerie-Daenerys) haben es geschafft und einen Eiszombie gefangen, den sie nach King's Landing bringen. Die Hoffnung: Cersei sieht, dass die wahre Bedrohung viel größer ist als ein alberner Thronfolge-Krieg und macht mit ihrer unerschütterlichen - Verzeihung - Hinterfotzigkeit mal Pause. Schließlich gehört ja sogar sie zum Team Breathing, mittlerweile angeblich sogar zwei Mal. Einer dieser Pläne, die sich im Grunde nur Jon Snow ausdenken kann. Aber sind wir mal ehrlich: Kennen wir Cersei inzwischen nicht eigentlich besser, als dass wir glauben, dass sie sich vom Anblick eines garstigen Zombies wirklich Angst einjagen lässt? Immerhin ist ihr Leibwächter ja im Grunde selbst einer ...
Was passiert ist:
Wie sich herausstellt: Durchaus, wenigstens was das Angst-einjagen-lassen angeht. Nur ändert das nichts an der Tatsache, dass Cersei Cersei bleibt, selbst wenn die ganze Welt vom Untergang bedroht ist. Aber der Reihe nach.
Erst einmal versammelt sich der ganze Abschlussjahrgang kurz vor den Winterferien zum größten Klassentreffen der Welt in King's Landing. Fast alle sind sie da, zumindest alle, die nicht Stark mit Nachnamen heißen: Jon Snow, Tyrion, Cersei, Jaime, Davos, Jorah, Theon, Euron, Brienne, Bronn, der Hound, der Mountain, Missandei, Varys, Podrick, Qyburn. Nur Daenerys kommt wie schon letzte Woche etwas zu spät, vermutlich hauptsächlich deshalb, um als Ballkönigin einen entsprechenden Auftritt samt Drache hinzulegen. Während also am Boden die Erwachsenen reden, dürfen die Drachenkids Drogon und Rhaegal am Himmel spielen und sich fragen, wann ihr Bruder Viserion denn wohl von dem Bauernhof im Norden zurückkehrt, zu dem ihn Mama Daenerys geschickt hat.
Wie das bei Klassentreffen so ist, hat man sich einiges zu sagen: Euron piesackt den kleinen Tyrion, bis dessen Schwester Cersei eingreift, weil nur sie auf ihrem Bruder herumhacken darf; der Hound hat seinem Bruder namens Mountain immer noch nicht verziehen, dass der damals mit Feuer gespielt hat und kündigt ihm eine späte Revanche an; Tyrion, Bronn und Podrick freuen sich, sich endlich mal wieder zu treffen und versprechen einander, sich bald mal per Facebook zu verabreden, dieses Mal aber wirklich, weil eigentlich spricht ja nichts dagegen, außer das bisschen Krieg; und der Hound und Brienne verstehen sich ganz als stolze, wenn auch geschiedene, Eltern von Arya Stark.
Aber zum lockeren Plausch ist eigentlich niemand hier. Sondern um Königin Cersei in einer brillant besetzten Verkaufsparty die Vorzüge von Drachenglas-Messern vorzustellen. Schneidet durch Eiszombies wie durch Butter. Das (und der grimmig-modrige Statist aus der Kiste) überzeugt auch die bis vor kurzem finanziell noch etwas klamme Throninhaberin. Waffenstillstand - wenn der wintergewöhnte Jon Snow quasi die Schweiz gibt und sich nicht zwischen amtierender und Ballkönigin entscheidet. Guter Vorschlag, aber schade: Geht nämlich nicht, weil hat er längst. Und mit Fake News will Jon nichts zu tun haben, weil das wäre der Anfang vom Ende: "Wenn genug Menschen falsche Versprechungen machen, dann verlieren Worte ihre Bedeutung. Dann gibt es keine Antworten mehr, nur immer bessere Lügen."
Also Plan B, dieses Mal Tyrion. Er lädt seine Schwester auf ein Gläschen Wein ein, und als diese nichts trinken will, ist klar, dass sie schwanger sein muss. Weil Tyrion seine Nichten und Neffen vermisst, gerne wieder Onkel wäre und wirklich blöd genug ist, zu glauben, dass die drohende Mutterschaft Cerseis Rest-Herz ausreichend erweichen könnte, glaubt er ihr tatsächlich, dass die drohenden Mutterschaft Cerseis Rest-Herz erweicht hätte. Also neuer Deal: Cersei verspricht ihre Hilfe, ganz uneigennützig, aber vielleicht sind Dany und Jon später ja dankbar, zwinker-zwinker.
Aber Cersei wäre nicht Cersei, wenn ihre Art, einen Deal zu schließen, nicht genau darin bestehen würde, ihren Teil des Deals nicht einzuhalten. Immerhin ist Jaime klar, dass der Klimawandel auch vor King's Landing nicht halt machen wird, Söldnerheere oder nicht. Kurze Zeit später ist er in dieser Episode schon der zweite von Cerseis Brüdern, der ihren "ich befehle dem Mountain, dich umzubringen"-Bluff durchschaut. Dann doch lieber gleich ab in den Norden, wenn's eh überall kalt wird. Nur schade, dass Jaime offenbar ohne Bronn abreist.
Kalt ist es im Norden ohnehin schon längst, anscheinend auch zwischenmenschlich. Die Sache zwischen Arya, Sansa und Littlefinger fröstelt immer noch vor sich hin. Littlefinger versucht nämlich, Sansa davon zu überzeugen, dass Arya bestimmt nur nach dem Lady-Titel trachtet. Und weil Sansa ja im Lauf der vergangenen sieben Staffeln schon einige saudumme Entscheidungen getroffen hat, traut man ihr auch jetzt noch eine weitere zu. Aber zum Glück teilt Sansa in der folgenden Gerichtsverhandlung mit Barbara Salesch nicht nur die Haarfarbe, sondern auch das Gespür für ganz vorzügliche Verhandlungsdramaturgie. "Mord und Verrat - was sagst du zu diesen Vorwürfen ... Lord Baelish?" Hätten die Macher von "Game of Thrones" nur minimal mehr Mut zur Albernheit, hätten sie an dieser Stelle das Kratzen einer entgleisenden Plattenspieler-Nadel auf den Soundtrack gepackt. Hilfreich, dass Littlefinger die eine Hälfte seiner Verbrechen eingesteht und Bran für die andere Hälfte offenbar gerade erst Staffel eins noch einmal angeschaut hat.
Nachdem also auch dieses Problem in Winterfell ausblutend und röchelnd auf dem Boden liegt, ist endlich Zeit für etwas Familiengeschichte. Arya und Sansa verhalten sich zum ersten Mal seit 65 Episoden wieder wie Schwestern, die sich gegenseitig zumindest ertragen können. Indes wird Bran beim Ins-Kaminfeuer-Starren vom immerhin höflich klopfenden Sam Tarly unterbrochen. Jon ist gar nicht der Sohn von Ned Stark, weiß der Kaminfeuer-Starrer. Er müsste Jon Sand heißen, weil er in Wahrheit ein Targaryen-Bastard ist. Falsch, weiß der andere, die ehemalige Sanitäranlagen-Reinigungsfachkraft in Oldtown. Rhaegar Targaryen und Lyanna Stark waren verheiratet, Jon also legitimer Thronfolger. Achso, der erste wieder, dann ergibt es auch Sinn, dass die beiden ihn "Aegon" genannt haben. Aegon, gesprochen mit einem "g" wie in "gif", nicht AeJon, auch wenn das ziemlich verlockend wäre.
Nur Jon weiß von seinen Verwandtschaftsverhältnissen immer noch nichts. Was besonders unangenehm ist, weil der oben dargestellte Dialog das überfällige Schiffskajüten-Stelldichein mit Tante Daenerys vielleicht gerade noch hätte verhindern, mindestens aber etwas unangenehmer hätte machen können. Sei's drum. Mit etwas Glück und Targaryen-Familientradition kommt es sowieso zur ehrbaren Familienhochzeit. Dann kann sich Aejon Snow neue Visitenkarten und eine ganze Litanei an Titeln zulegen: "Aegon vom Haus Targaryen, der Sechste seines Namens, der Auferstandene, König der Andalen, der Rhoynar und der Ersten Menschen, König im Norden, 998. Kommandant der Nachtwache, Beschützer des Reiches, Herr der Sieben Königreiche". Oder, falls er weiterhin von Davos vorgestellt wird: "Das ist Jon Snow, Kingindanorf. ... Aegon Targaryen. ... Er ist König. Wir sind stolz auf ihn und er ist ein guter Kerl."