"Game of Thrones"-Recap:Game of Thrones: In Geiselhaft des Übersadisten

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"Die Schlacht der Bastarde" ist ein vorläufiger Höhepunkt der aktuellen Staffel - und vielleicht die bisher beste Episode der ganzen Serie.

Von Matthias Huber

Die sechste Staffel Game of Thrones läuft seit 24. April immer in der Nacht von Sonntag auf Montag auf Sky. Auf SZ.de besprechen wir die einzelnen Folgen jeden Montag für Fans nach. Aber Achtung: Spoilergefahr!

Episode 9: Die Schlacht der Bastarde

Was wir erwartet haben:

Die Schlacht der Bastarde natürlich. Also Ramsay Bolton, ehemals Snow, gegen Jon Snow, vielleicht eigentlich Targaryen-Stark. Es geht immerhin um die Zukunft der jeweiligen Familie. Und um die Burg Winterfell, die Heimat der Starks. "Es muss immer ein Stark in Winterfell sein", soll Bran gesagt haben. Bran, der Erbauer der großen Mauer im Norden vor Hunderten von Jahren. Nicht unbedingt der kleine Bran Stark, der jetzt der geistzeitreisende Three-Eyed Raven ist. Derzeit erfüllt der noch kleinere Rickon Stark diese Aufgabe, wenn auch unfreiwillig. Ob er die Geiselhaft beim Übersadisten Ramsay und damit auch die aktuelle Episode überleben wird?

Was passiert ist:

Erst einmal, was man bei all der Vorfreude auf die Schlacht um Winterfell schon beinahe wieder vergessen hätte: Die Schlacht um Mereen. Da war Daenerys ja vergangene Woche genau rechtzeitig per Drachentaxi gelandet, um mit anzusehen, wie eine feindliche Flotte die Stadt bombardiert. Aber aufgeräumt hatten die Trägerin unzähliger Titel und ihre treuen Helfer bisher noch nicht. Also eben diese Woche. Erst ein wenig Verhandlungen mit den Sklavenhaltern, immer wieder schön, der Spruch: "Nein, Ihr habt mich falsch verstanden. Wir wollen über EURE Kapitulation reden, nicht über meine." Dann wurde das Geschwätz den Kollegen in der Spezialeffekte-Abteilung zu langweilig und sie schickten Drogon vorbei, der wirklich bei jedem Auftritt größer zu werden scheint. Da ist also das in dieser Staffel bislang so sparsam eingesetzte Effektbudget geblieben!

Also fliegt Daenerys los, während unten Drogons Drachengeschwister aus ihren Katakomben ausbrechen, ungefähr mit demselben Sinn für effektheischende Pünktlichkeit wie Mama Daenerys. Ein paar brennende Schiffe (wir erinnern uns: Daenerys sucht ja seit mindestens vier Staffeln nach einer eigenen Flotte, um nach Westeros überzusetzen), ein paar heulende Reiter (wir erinnern uns: Da war ja dieser überlange Ausflug zu den Dothraki) und ein paar durchgeschnittene Kehlen (wir erinnern uns: Vor seinem Witze-Erzähl-Kurs bei Tyrion und Missandei war Greyworm ja mal ein Kämpfer) später sitzt die Khaleesi wieder auf ihrem Thron. Vor ihr: Yara und Theon Greyjoy, die ihr, na endlich, ein paar Schiffe anbieten wollen, ehe es Onkel Euron Greyjoy tut. Letzterer würde im anatomisch krassen Gegensatz zum Eunuchen Theon und zur gleichgeschlechtlicher Liebe zumindest nicht abgeneigten Yara nämlich auch noch etwas anderes mitbringen, und vor allem Yara will sich das angesichts der adretten Königin vor ihr wirklich überhaupt nicht vorstellen müssen. Es folgt: Ein Handshake, und Daenerys hat endlich ihre Westeros-Kreuzfahrt gebucht. Unser Tipp: Im April 2017 kann es schon losgehen!

Apropos losgehen: Der "Bastardbowl" im Norden steht an, nach der Feuerschlacht in Mereen jetzt die Eisschlacht im hohen Norden. Erst verbal und wenig ergebnisorientiert, als sich Jon und Ramsay zu Verhandlungen treffen. Aber der angewiderte Blick der zehnjährigen Lyanna Mormont entschädigt für alles. Dazu ein paar unheilschwangere Dialoge (Jon, Sansa, Davos, Tormund, Melisandre - irgendwer wird doch wohl bestimmt dran glauben müssen, oder?) und Grundschullehrer Davos, der endlich erfährt, was mit seiner Lieblingsschülerin Shireen Baratheon passiert ist. Achja, und Rickon Stark, der sich wirklich erschreckend bereitwillig von Ramsay als Depperltest für Jon Snow missbrauchen lässt und nicht einmal auf die Idee kommt, vor Ramsays Pfeilen im Zickzack davonzulaufen.

Dann kracht es. Und zwar gewaltig. Die Schlacht um Winterfell ist die Fortsetzung dessen, was in der vergangenen Staffel mit "Hardhome" begonnen wurde. Die Zeit, in der großer Krawall nur auf der Kinoleinwand stattfinden kann, ist wirklich endgültig vorbei. Regisseur Miguel Sapochnik (der auch schon die grandiose "Hardhome"-Episode inszenierte) empfiehlt sich damit einmal mehr für den ganz großen Deal aus Hollywood. Zumal er den Krawall nicht nur spektakulär ins Bild setzt: Die Szene, in der Jon Snow von den eigenen, in Panik geratenen Männern niedergetrampelt wird und beinahe in einem Leichenberg erstickt, gehört zum Beklemmendsten, was das Kriegsfilmkino seit "Der Soldat James Ryan" hervorgebracht hat.

Für das Staffelfinale sind viele Fragen offen

Was der Episodentitel bedeutet:

Wirklich, so sehr man es auch dreht und wendet: "Die Schlacht der Bastarde" ist genau das. Die Schlacht zweier Kommandanten, die beide als Bastardsohn großgezogen wurden. Die Episode mag die beste der aktuellen Staffel und eine der besten der gesamten Serie sein, ihr Titel ist aber dafür auch einer der einfallslosesten.

So wird man sich an diese Episode erinnern:

Als die Episode, in der Sansa endlich ihre Rache bekommt. Ramsay darf nochmal eine Episode lang Überfiesling sein; darf Rickon Stark sadistisch hinrichten; darf seine eigenen Kämpfer dem Pfeilhagel seiner Bogenschützen aussetzen; darf versuchen, am Ende Jon noch mit ins Verderben zu reißen. Und darf dann erfahren, dass Hunde, die seit sieben Tagen hungern, gegenüber ihrem blutenden und gefesselten Herren schon mal ihre Loyalität vergessen.

Bester Auftritt:

Es gibt ein paar Anwärter für diesen Titel: Der ursympathische Wildling Tormund, der dem Rickon-Auslieferer Smalljon Umber erst in den Hals beißt und dann mit einem noch wilder aussehenden Dolch (Ein Knochen? Ein Zahn?) den Rest gibt? Oder der unglaublich elegante Greyworm, der mit einem Dolchstreich gleich zwei Gegner ausschaltet? Aber beide haben keine Chance. Unser Herz schlägt für den Riesen Wun-Wun, den letzten seiner Art. Der vergangene Woche noch "Snow" grollte und damit die ganze Wildling-Horde hinter dem Jon dieses Namens versammelte. Der Bolton-Pferde zur Seite schmettert und Bolton-Söldner buchstäblich in der Luft zerreißt. Gute Reise, du grandioser Riese! Wärest du nur mit einer Waffe in die Schlacht gezogen! Und mit einer pfeilresistenten Schutzbrille!

Wir mochten Melisandre lieber, als sie noch ...

... als selbstbewusste Femme Fatale durch Westeros gestapft ist. Dass sie auf das falsche Pferd namens Stannis gesetzt hatte, macht ihr offenbar immer noch zu schaffen. Jetzt starrt die rote Priesterin und Jon-Snow-Erweckerin nur noch schicksalsergeben in Kamin- und Kerzenflammen und verbreitet mit ihrer zur Schau gestellten Verzweiflung schlechte Laune. Wie soll das erst werden, wenn sie auf ihre Kolleginnen aus Mereen trifft, die fest davon überzeugt sind, dass nicht Jon Snow der wiedergeborene Weltretter Azor Ahai ist, sondern die Drachenreiterin Daenerys Targaryen?

Wen wir vermisst haben:

Jorah Mormont, Daenerys' glücklosen Verehrer. Es bräuchte in Mereen dringend jemanden, der die Titelsammlerin an der Grenze zum Größenwahn aufsammelt. Tyrion bemüht sich zwar redlich ("Gibt es nicht eine andere Lösung als Schutt und Asche?"), aber so richtig hört die Unverbrennbare nicht auf ihn. Wollen wir hoffen, dass Jorah auf der Suche nach einem Heilmittel für seine Grauschuppen-Erkrankung nicht ebenso von den Serienmachern vergessen wird wie der offenbar seit drei Staffeln rudernde Königsbastard Gendry.

Wie es weitergeht:

Für das Finale der sechsten Staffel sind jede Menge Fragen offen: Wie wird Cerseis Gerichtsverhandlung in King's Landing ausgehen, jetzt wo ihr weder der Mountain noch Bruder/Lover Jaime helfen können? Was hat es mit dem Gerücht und all den Anspielungen auf sich, dass unter King's Landing gewaltige Vorräte der Napalm-ähnlichen Substanz Wildfeuer lagern sollen? Wird ein gewisses Fräulein Stark nach ihrer Rückkehr nach Westeros zuerst einem gewissen Walder Frey einen Besuch abstatten? Was wird Davos machen, jetzt wo er weiß, dass Melisandre für den Tod von Shireen Baratheon verantwortlich ist? Setzt Daenerys endlich Segel nach Westeros? Birgt Brans Vision von einem jungen Ned Stark das Geheimnis der Herkunft von Bastardbruder Jon Snow? Und noch viel wichtiger: Was passiert eigentlich, wenn Bran, der ja jetzt das Mal des Nachtkönigs trägt, durch die große Mauer im Norden schreitet?

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