Game of Thrones Episode "Jenseits der Mauer" im Recap:Olympische Spiele von Westeros

Game of Thrones Season 7 im Recap

Der Nachtkönig beweist ungeahntes olympisches Potential.

(Foto: Jessy Asmus)

In der neuen Folge von "Game of Thrones" ist der beste Speerwerfer des Kontinents womöglich auch noch Hellseher. Der beste Triathlet hingegen hätte sich das Gerenne auch sparen können.

Von Matthias Huber

Die Wartezeit war dieses Mal besonders lang: Mit Verspätung startete am 17. Juli die siebte und vorletzte Staffel der HBO-Serie Game of Thrones. Die Episoden sind immer in der Nacht von Sonntag auf Montag auf Sky erstmals zu sehen, später auch auf Amazon Prime und iTunes. Auf SZ.de besprechen wir die einzelnen Folgen jeden Montag für Fans nach. Aber Achtung: Spoilergefahr!

Episode 6: Jenseits der Mauer

Was wir erwartet haben:

Die Snowcean's Seven machen sich auf den Weg, einen Eiszombie zu fangen: Jon, Jorah, Tormund, Beric, Thoros, Gendry und der Hound. Und weil Game of Thrones ja Game of Thrones ist, rechnet wohl keiner damit, dass auch alle glorreichen Sieben wieder lebend von jenseits der Mauer zurückkehren werden. In den Wettbüros von Braavos ist Beric der Quoten-KingInDaNorf: Wer erfolgreich auf seinen Tod setzt, gewinnt nicht viel, bei Thoros sind die Aussichten kaum besser. Nur Jon Snow dürfte auch hier wieder eine undurchdringliche Storyrüstung tragen. So eine könnte auch Sansa brauchen, die wird nämlich der heimlichen Supermörderin Arya in dieser Episode erklären müssen, warum sie in einem Brief den gemeinsamen Papa als Verräter bezeichnet hat.

Was passiert ist:

Und wirklich: Sansa kriegt Ärger. Arya ist gar nicht begeistert über das, was sie in der Rabenpost gefunden hat. Also stellt sie die große Schwester zur Rede. Und will dabei keine Ausreden hören, von wegen "Ich war noch ein Kind" oder "Ich wurde gezwungen". Immerhin weckt der Streit mit Arya bei Sansa den Ehrgeiz, nicht das einzige verbliebene Stark-Kind zu sein, das noch notdürftig gesellschaftsfähig ist.

Also fragt sie - wenigstens dem Anschein nach - ausgerechnet Littlefinger um Rat, was sie denn jetzt tun solle. Der ist überraschend hilfreich: Brienne "Big Woman" von Tarth habe doch geschworen, beide Stark-Töchter zu beschützen. Sie werde doch bestimmt den Streit schlichten können. Ein Vorschlag, der in den Ohren selbst misstrauischer Zuschauer unbedenklich gut klingen sollte. Kein Wunder, dass Sansa prompt das Gegenteil macht und Brienne nach King's Landing schickt. Arya durchblickt das Intrigantenstadl der großen Schwester ebensowenig wie das Publikum und gibt ihre beste Hannibal-Lecter-Imitation. Ein paar unverhohlene Drohungen später ist Sansa um einen Dolch und jede Menge Verwirrung reicher. Und Littlefinger lacht sich vermutlich irgendwo ins Fäustchen, weil sein Plan, die beiden Stark-Schwestern gegeneinander aufzubringen, so wunderbar klappt. Oder?

Aber weg von den seltsamen Stark-Schwestern und hin zum eigentlichen Höhepunkt der Episode: Die Expedition der Sieben Samurai, von denen nur einer pflichtgemäß Man-Bun trägt. Thoros beschwört neben der Frisur auch den Geist von Toshiro Mifune. Jon und Jorah schwelgen in Erinnerungen an Jeor Mormont und beschließen, dass das Mormont'sche Familienschwert nicht in Danys Freundschaftszone versauern sollte. Gendry, der einst von Beric und Thoros an Melisandre verhökert wurde, gibt sich noch immer nachtragend. Und der Hound und Tormund stellen fest, dass sie eine gemeinsame Bekannte haben: Brienne von Tarth. "Ich will Kinder mit ihr machen", gesteht der rothaarige Riese mit leuchtend verliebten Augen. "Riesige Monster, die die Welt erobern."

Aber auch der Spaß der schönsten Winterwanderung endet, wenn ein untoter Eisbär und eine ganze Armee von Zombies auftauchen. Ersterer schnappt sich gleich zwei der namenlosen Wildling-Begleiter, die vor ihrem unglücklichen Ableben weder ein rotes Hemd noch eine kurze Sprechrolle spendiert bekommen haben, wie es eigentlich zum guten Ton gehört, wenn im Fernsehen eine Expedition in unendliche Weiten ansteht.

Und die Zombie-Armee ist zuerst nur ein kleiner Stoßtrupp, begleitet von einem Weißen Wanderer. Eine gute Gelegenheit also eigentlich, sich einen einzelnen Zombie zu greifen und schnell wieder in wärmere Gefilde abzuhauen. Praktische Erkenntnis am Rande: Mit dem Tod eines Weißen Wanderers zerfallen auch die zugehörigen Zombies in sich zusammen. Grund genug, im Lauf der Episode noch gefühlt acht Mal darauf hinzuweisen, dass man ja einfach nur den Nachtkönig umbringen müsste, dann würde sich das Problem mit den Zombiehorden von selbst erledigen. Als Andeutung der Dinge, die in zukünftigen Episoden und Staffeln noch kommen mögen, war das in etwa so subtil wie die wiederholten Hinweise auf Daenerys' angebliche Unfruchtbarkeit.

Aber wir schweifen ab: Der Zombie steht also plötzlich allein da, kriegt einen Sack auf den Kopf und Fesseln um die Hände. Für einen Schrei, der die gesamte Armee des Nachtkönigs alarmiert, reicht es aber noch. Und wie schnell die sich auf einmal bewegen kann: In den vergangenen zwei Staffeln, seit der Schlacht von Hardhome, ist sie zwar nur einen Steinwurf weit gekommen, während Jon Snow den Kontinent mehrmals abgereist hat. Aber wenn es um einen untoten Kameraden geht, haben es die Zombies plötzlich eilig. Nicht so eilig allerdings wie Gendry, der nach vier Staffeln Ruderei jetzt den zweiten Teil des Westeros-Triathlon angeht und den Langstreckenlauf zurück zur Mauer in Rekordzeit zurücklegt.

Indes große Klopperei: Weil der Hound das mit der Steinwurfweite ganz genau wissen wollte, müssen sich die verbleibenden sechs Avengers - Dr. Strange Thoros ist inzwischen seinem Bärenbiss und der Kälte erlegen, ebenso wie ein weiteres Mitglied von Haus Redshirt - erst mehrmals gegenseitig das Leben retten, ehe die geschuppte und fliegende Kavallerie von Daenerys herbeirauscht.

Allerdings hat selbst sie mit ihren Drachen die Präzision und Durchschlagskraft der Langstrecken-Speere des NK - in diesem Fall "Nachtkönig", nicht "Nordkorea" - unterschätzt. Also: Hektische Flucht auf dem Drachenrücken, ohne Jon Snow und Viserion. Ersterer wird von ein paar Eiszombies zum Tauchgang gezwungen, letzterer (auch wenn sein Name nicht genannt wird, deutet alles darauf hin, dass es Viserion ist, der blauäugig zurückbleibt) vom tödlichen Speerwurf des Nachtkönigs. Immerhin dürfen die Buchmacher von Braavos aufatmen, als Jon Snow wieder zurück an der Oberfläche das gleiche tut. Fehlt nur noch der allerletzte und selbstopfernde Auftritt von Onkel Benjen - übrigens der einzige Stark, bei dem Jon Snow mit seinem Wissen über das gemeinsame Verwandtschaftsverhältnis nicht falsch liegt.

Wie lange steht die Mauer noch?

Was der Episodentitel bedeutet:

Zuerst und ganz offensichtlich ist "Jenseits der Mauer" Ortsangabe, denn etwa zwei Drittel der Episode spielen genau dort. Aber spätestens jetzt muss man sich auch Sorgen machen, was zeitlich jenseits der - aus Eis gebauten - Mauer passiert. Ob so ein Drache jetzt, nur weil er plötzlich blaue Augen und ein Loch im Hals hat, nur noch Feuer mit einer Temperatur unter dem Gefrierpunkt spucken kann? Denn falls nicht, dann dürfte es in der Gegend rund um Eastwatch bald einen kurzen aber heftigen Sommer-Einbruch geben ...

So wird man sich an diese Episode erinnern:

Als die Episode, in der Jon endlich auf die Knie geht. Oder gehen würde, wenn er könnte. Wie sich Tante Daenerys und Neffe Jon auf dem Schiff nach Süden in die Augen schauen, lässt wenig Zweifel zu: Cersei und Jaime haben als Inzest-Traumpaar von Westeros also bald ausgedient. Zuerst aber nur züchtiges Händchenhalten, Messerwunden-Anstarren und Gemeinsam-um-Drachen-Trauern. Nur "Dany" anstelle von Daenerys, das würde sie jetzt nun wirklich keinem empfehlen. Aber dann, als das Knistern zwischen Westeros' begehrtestem Junggesellen und seiner Tante zu laut wird, besinnt sich die Drachenmama gerade noch rechtzeitig: "Du solltest dich ausruhen", sagt sie. Und Jon Snow, ganz der brave Neffe, kneift gehorsam die Augen zu.

Bester Auftritt:

Der Nachtkönig höchstpersönlich. Er hat in den 8000-Plus-Jahren, die er bereits im hohen Norden vor sich hin friert, offensichtlich viel gelernt. Nicht nur sind seine Speerwurf-Fähigkeiten bei den Olympischen Spielen von Westeros definitiv medaillenreif. Es mehren sich die Anzeichen, dass er auch mit dem hellsichtigen Bran mithalten kann. Denn erstens hat er die Justice League genau so lang belagert, bis Daenerys und ihre Drachen nur noch wenige Flügelschläge entfernt waren. Zweitens hatte er ganz zufällig auch noch die passenden Anti-Drachen-Speere in der Satteltasche seines Adjutanten. Und drittens hatte er sogar die entsprechenden Ketten dabei, um den abgesoffenen Viserion aus dem See zu fischen.

Wir mochten Tyrion lieber, als er noch ...

... etwas weniger staatsmännisch aufgetreten ist. Man sollte es ihm vielleicht nicht zu laut sagen, aber so ein bisschen trauern wir seinem epikureischen Lebensstil mit Wein, Weib und Gesang schon nach. Stattdessen gibt er inzwischen nicht nur den weisen Ratgeber, sondern geht Dany - Entschuldigung: Daenerys - auch noch mit garstiger Weitsicht in Sachen Thronfolge und Kinderkriegen auf die Nerven. Wird höchste Zeit, dass Bronn die Seiten wechselt und Tyrion wieder erdet! Von Daenerys bekommt er vielleicht sogar endlich die versprochene Burg. Casterly Rock, zum Beispiel.

Wen wir vermisst haben:

Bran Stark. Oder wahlweise Melisandre. Nicht, weil uns der Sinn nach esoterischem Wahnsinn steht. Aber einer der beiden hätte immerhin verhindern können, dass Gendry einen Marathonlauf absolvieren, ein Rabenbriefträger den halben Kontinent nach Süden abfliegen und Dany mit drei Drachen nach Norden hetzen muss. Und all das in wenigen Stunden. Wie? Na ja, Bran hätte ja mit seinen hellseherischen Fähigkeiten mal etwas Nützlicheres anstellen können, als im Baum-Netz nach Leaks der nächsten Episode zu suchen, und einfach schon ein paar Tage früher einen Raben zu Dany schicken, damit sie auch pünktlich ankommt. Oder Melisandre hätte ihren unmotivierten Abschied aus Dragonstone ein paar Episoden nach hinten legen können und beim berufsmäßigen Kaminfeuer-Starren eine Vision haben können. Da ist die Buchvorlage einmal ein paar Jahre verspätet, und schon passiert sowas!

Wie es weitergeht:

Winterfell dürfte in der nächsten Episode zum Ort der wichtigsten Entscheidung werden. Wer hintergeht hier gerade wen? Reicht es Arya mit der hochnäsigen großen Schwester und sie zieht sich jene Nase samt dazugehörigem Gesicht bald selbst über? Oder begeht Sansa immer noch den Fehler, Littlefinger im falschen Moment zu vertrauen? Aber warum hat sie dann Brienne "Big Woman" von Tarth nach King's Landing geschickt? Und was passiert eigentlich in King's Landing? Wird sich Cersei, die ja selbst einen Mountain-Zombie am Hofe hat, von dem Eiszombie wirklich beeindrucken lassen? Außerdem, wenn der Hound schon mal in der gleichen Stadt wie sein untoter Bruder ist: Kommt es doch noch zum Cleganebowl?

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: