Pro/Contra zum GoT-Staffelfinale:Warum Dany, warum?

Game of Thrones Ende Kritik

Am Ziel ihrer Träume: Emilia Clarke als Daenerys Targaryen.

(Foto: HBO/Sky)

Selbst mit der letzten Folge schafft es "Game of Thrones" nicht, seine verkorkste Schlussphase zu retten. Mit der achten Staffel verrät die Serie die weiblichen Charaktere - und sich selbst.

Kommentar von Christian Simon

Alle, die nach der vorletzten Folge von Game of Thrones dem Serienfinale nervös entgegengefiebert haben, können etwas aufatmen: Die Autoren Benioff und Weiss haben immerhin der Versuchung widerstanden, eine weitere Entscheidungsschlacht oder ein weiteres, möglichst episches Duell ans Ende zu schreiben. Stattdessen werden die schwersten Entscheidungen schnell getroffen. Den größten Teil der Folge geht es dann darum, wie diejenigen damit umgehen müssen, die übrigbleiben. Diese langsame Erzählweise war in den letzten beiden Staffeln nur selten zu bewundern (etwa in der grandiosen zweiten Folge, kurz vor der Schlacht um Winterfell), obwohl die Serie ihr doch ihre Brillanz verdankt. Als Serienfinale gab es also, bei aller Kritik, eine Folge, die viel von dem zurückbrachte, was man an Game of Thrones lieben konnte.

Das ist viel. Aber es genügt nicht. Erschütternd ist schließlich, wie viel wirkungsvoller das Ende hätte sein können, wenn die Autoren sich nicht vorher, auf dem Landeanflug quasi, riesige Patzer geleistet hätten.

Niemand applaudiert einem Piloten, der 90 Prozent der Landung perfekt meistert, nur um dann die letzten 50 Meter senkrecht aus dem Himmel zu fallen. Selbst wenn er noch einmal hochzieht und dann doch verhältnismäßig sanft zum Stehen kommt, wird bei den Passagieren der Schock bleiben. Und so bleibt auch die Schlüsselszene der letzten Staffel, wenn nicht gar der ganzen Serie, weiterhin unerklärt: Warum genau Daenerys Targaryen von einem zwar makelbehafteten, aber moralischen und gerade deshalb komplexen und spannenden Charakter zu einer fanatischen Kriegsverbrecherin wird.

Besonders in den Debatten um die umstrittene vorletzte Folge wiesen viele Fans und Kommentatoren immer wieder darauf hin, dass diese Entwicklung von vornherein angelegt war. Damit haben sie recht. Den Willen, ihre vermeintlich hehren Ziele auch mit grausamen Mitteln zu erreichen, hat "Dany" wiederholt unter Beweis gestellt. Trotzdem ist es noch einmal ein gewaltiger Sprung von ihrer Gnadenlosigkeit gegenüber feindlichen Soldaten oder skrupellosen Menschenhändlern zur grundlosen Vernichtung einer ganzen Stadt, die sich bereits ergeben hat.

Auch bei finsteren Tyrannen muss mehr Licht zu sehen sein

Im Finale drücken sich Benioff und Weiss vor einer Antwort auf die Fragen, die dazu aufkommen, indem sie Daenerys quasi nicht mehr vorkommen lassen. In einem kurzen Dialog darf sie sich noch vor Jon Snow rechtfertigen, mit einer platten Argumentation auf Teenager-Niveau. Zurück bleibt der unangenehme Nachgeschmack, dass hier mal wieder eine Frau als zu emotional für ein hohes Amt präsentiert wird, während ihr männlicher Counterpart trotz seiner Gefühle eine vermeintlich objektive Entscheidung trifft.

Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, dass Jon Snow wenigstens angemessen mit sich ringen darf. Bei Daenerys gibt es kein Durchatmen mehr, keine Reflexion, keine Reue. Frauenrollen ernstzunehmen heißt ja nicht, dass sie immer die Guten sein müssen. Aber gerade in einer Serie wie Game of Thrones, die so sehr von Charakteren mit Licht und Schatten lebte, muss am Ende auch beim finstersten Tyrannen mehr Licht zu sehen sein.

Auch andere Erzählstränge sind ähnlich schlampig zu Ende gebracht: Warum sind Dothraki und Unsullied immer noch in Armeestärke vertreten? Warum muss als ultimativer Beweis für Danys Bosheit ausgerechnet eine Rede in einer Fremdsprache an die ausländischen Teile ihrer Armee herhalten, als wollte sie alle Rassismusvorwürfe an die Serie nachträglich bestätigen? Und wenn Greyworm und seine Truppen so wütend auf Tyrion und Jon sind: Warum geben sie sich dann so schnell mit einer Lösung zufrieden, ohne eine eigene Meinung zu haben? Wenn es einen roten Faden gibt, der die letzten beiden Staffeln von der Serie als Ganzes trennt, dann ist es der, dass hier Charaktere zu Schablonen wurden.

Diese Löcher in der Handlung machen das Ende als solches nicht komplett zu einem Desaster. Nach wie vor sieht die Serie toll aus, die schauspielerischen Leistungen sind umwerfend und der Abschluss durchaus befriedigend (wenn auch beim Fanservice etwas übertrieben wird). Aber Dany, Greyworm und all die anderen hätten verdient gehabt, dass die Serie ihre Geschichten genauso würdevoll zu Ende bringt, wie sie sie sechs Staffeln lang erzählt hat.

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