Fußball:Auf vier Beinen

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Ein Stammtisch ist ganz anders als eine TV-Talkrunde. Das in der Wirtschaft erprobte Konzept holt sich der BR jetzt ins Sportprogramm.

Von Benedikt Mahler

Die Wirtshäuser beklagen das Aussterben der Stammtische. Am deutschen Fernsehen kann der Schwund nicht liegen. Dort sind die eigensinnigen Gesprächsrunden immer noch ein beliebtes Format, gerade wenn es um Fußball geht. Seit mehr als 20 Jahren gibt es etwa den Doppelpass auf Sport1, die Sportschau im Ersten hat mittlerweile einen Sportschau Club, der Waldis Club ersetzte, nachdem sich Weißbier-Waldi Hartmann von der ARD, die seinen Vertrag nicht über ein Jahr hinaus verlängern wollte, über den Tisch gezogen fühlte. Und der BR, der schon den Sonntags-Stammtisch mit Helmut Markwort hat, stellt jetzt einen weiteren Talk auf vier Beine. Der möchte sich insofern von anderen abgrenzen, als dass er eben nicht nur Fußball, sondern auch viele andere Sportereignisse thematisieren will. Ein vielseitiger Sportstammtisch also. So einer hat gerade noch gefehlt.

Der Einwurf, das ist der Titel des neuen Formats, wird eine monatliche Live-Sendung aus dem Wirtshaus "Schwalbe" im Münchner Westend sein - ein Schelm, wer da zuerst an Fußball denkt. Ganz bewusst habe man sich zugunsten einer authentischen Atmosphäre gegen ein Fernsehstudio entschieden, sagt BR-Sportchef Klaus Kastan.

An einem großen, runden Holztisch empfängt die langjährige Blickpunkt Sport-Moderatorin Marianne Kreuzer ihre Gäste aus den Bereichen Sport, Unterhaltung, Wirtschaft oder Politik, um mit ihnen über Sport und die Welt zu reden. Zur Stammbesetzung gehören Achim "Sechzig" Bogdahn und Max Schmidt. Zündfunk-Moderator Bogdahn hegt eine leiderprobte Leidenschaft für den TSV 1860 München, weshalb er im Namen das Beiwerk "Sechzig" führt, er ist geprüfter Fußballschiedsrichter und liebt Radsport. Der Schmidt Max redet dagegen, wie ihm der Mund gewachsen ist, eher aus dem Bauch als aus der Expertise heraus, ein uriger Bayer ist er, der mit seinen großgewachsenen Koteletten aussieht, als hätte er schon Zeit seines Lebens an diesem Tisch gesessen. In jeder Sendung werden dem Trio zwei prominente Gäste Gesellschaft leisten und auf der hauseigenen Kegelbahn der "Schwalbe" ein paar ruhige Kugeln schieben. Gekegelt wird gegen den "Schwalben"-Wirt, der im Fall des Falles aller Neune eine Lokalrunde schmeißt.

Reden ohne Ahnung - das kann spannend sein oder extrem fad

Ein Stammtisch ist eben immer ein bisschen wie ein sehr kleines Volksfest. Man geht hin, um sich zu unterhalten und unterhalten zu lassen, kühles Bier läuft Kehlen hinunter, die vom vielen Gerede ganz heiß geworden sind, am Ende hat man sich ein paar Freunde oder Feinde mehr gemacht, jedenfalls nimmt man es sportlich und alles bleibt wie es schon immer war. Der Einwurf wird mit dieser Tradition nicht brechen, egal ob er sich nun Sport- oder Fußballstammtisch nennt. Im Gegensatz zu Deutschlands Talkshows, die eine festgesetzte Figurenkonstellation bieten - den Betroffenen, den Experten, den Versteher und Nicht-Versteher, die meisten von ihnen wollen Bücher oder sonstwas verkaufen - werden Fernsehstammtische mit Menschen besetzt, die über Dinge sprechen, von denen sie nicht immer Ahnung haben. Das kann spannend sein oder entsetzlich fad.

Bei der Premierensendung, zu der Torwartlegende Sepp Meier und Ex-Biathletin Verena Bentele eingeladen sind, wolle man über die Bürgerproteste zur Olympia-Vergabe sprechen. Und dann natürlich auch noch über Fußball, denn der ist - man kann es drehen und wenden wie man will - von einem Stammtisch eben nicht wegzudenken.

Einwurf , BR, 22 Uhr.

© SZ vom 27.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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