Süddeutsche Zeitung

Axel-Springer-Medienkonzern:Springer ernennt Döpfner zum Nachfolger

Friede Springer regelt ihre Nachfolge im Medienkonzern Axel Springer und gibt weitere Anteile und ihr Stimmrecht an Mathias Döpfner. Der Vorstandsvorsitzende erhält dadurch deutlich mehr Macht.

Von Caspar Busse und Laura Hertreiter

In gewisser Weise ist Axel Cäsar Springer immer noch da, wenigstens ein bisschen. Denn im Büro des großen Verlegers, der vor 35 Jahren gestorben ist, im 19. Stock des Springer-Hochhauses in Berlin ist vieles noch in dem Zustand, in dem er es einst verlassen hat. Selbst der Tischkalender soll noch auf den 22. September des Jahres 1985 aufgeschlagen sein, dem Todestag des Verlegers. Sie habe kaum etwas verändert, erzählte Friede Springer der Süddeutschen Zeitung im vergangenen Jahr, und sie komme noch fast jeden Tag her. Und dann sagte sie über ihren verstorbenen Mann: "Herr Springer ist auch immer mit der Zeit gegangen. Ich glaube, er hätte diese Entwicklung bis heute so mitgemacht."

"Diese Entwicklung" - das ist die bislang größte Veränderung bei dem Berliner Medienunternehmen, das unter anderem Bild und Welt verlegt. Zuerst hat die Verlegerin im vergangenen Jahr den amerikanischen Finanzinvestor KKR als gleichberechtigten Partner an Bord geholt. Damals gab es Geraune und Befürchtungen, ob in dem Konzern, der sich mehr und mehr auf das Digitalgeschäft konzentriert, auf Karriere- und Immobilienplattformen etwa, der Journalismus überhaupt noch einen Platz habe. Als besonders unsicher galt die Zukunft der defizitären Tageszeitung Welt. Friede Springer hat sich bei solchen Gelegenheiten stets öffentlich dafür stark gemacht. "Wir bleiben ein journalistisches Haus", sagte sie erst im vergangenen Herbst nach dem Einstieg von KKR. Jetzt aber übergibt sie ganz offiziell die Macht an "den Mathias".

Mathias Döpfner, 57 und Vorstandsvorsitzender, führt das Unternehmen seit 2002, und hat in dieser Zeit eine ganze Reihe journalistischer traditionsreicher Titel verkauft, unter anderem die Regionalzeitungen Hamburger Abendblatt und Berliner Morgenpost sowie viele Magazine wie Hörzu. Friede Springer hatte die Karriere des Musikwissenschaftlers und Journalisten Döpfner immer gefördert, sie ist Patin seines zweiten Sohnes, war jahrelang seine Villennachbarin in Potsdam. "Ich bin sehr froh und dankbar, dass ich mit Mathias meinen Nachfolger gefunden habe", teilte die 78-Jährige am Donnerstag mit. Es ist der Anfang vom endgültigen Rückzug der Verlagseignerin.

Die Übergabe des Konzerns erfolgt nun in mehreren Schritten. Friede Springer, die selbst keine Kinder hat, schenkt Döpfner zunächst rund 15 Prozent der Anteile an dem Unternehmen. 4,1 Prozent kauft Döpfner. Alles zusammen dürfte mehr als eine Milliarden Euro wert sein. Zusammen mit den drei Prozent, die bereits in seinem Besitz sind, hat Döpfner damit künftig 22 Prozent der Anteile. Friede Springer kommt auf einen ähnlichen Anteil. Die Stimmrechte für das gesamte Aktienpaket wird der Mitteilung zufolge künftig Döpfner ausüben. Der Investor KKR hat knapp 48 Prozent. Die Verlegerin stattet zudem die gemeinnützige Friede-Springer-Stiftung mit weiterem erheblichen Vermögen aus.

"Ich habe immer gesagt, dass ich für Kontinuität im Unternehmen sorgen werde. Die Zukunft des Hauses ist mir ein Leben lang sehr wichtig", gab Friede Springer zu Protokoll. Sie habe nun eine ideale Lösung gefunden, um die Zukunft von Axel Springer und die ihrer Stiftungen abzusichern und beide Sphären wie bisher voneinander zu trennen. Zwischenzeitlich war dem Vernehmen nach geplant, dass Friede Springer alle Anteile in eine Stiftung einbringt, die dann das Unternehmen kontrolliert, ähnlich wie die Bosch- oder die Bertelsmann-Stiftung. Diese Pläne sind jetzt hinfällig.

Friede Springer war in den Sechzigerjahren als Kinderpflegerin ins Haus des Großverlegers Axel Cäsar Springer gekommen - 1978 wurde sie seine fünfte Gattin. Und nach seinem Tod selbst zur Großverlegerin. "Ich liebe die Welt", sagte sie im vorigen Herbst. Ja, mehr als die Bild. Dem brutalen Kampagnenkurs der Boulevardzeitung steht sie kritisch gegenüber. Erst im Mai soll sie sich vor Vorstandsmitgliedern über den aggressiven Journalismus von Bild-Chefredakteur Julian Reichelt beschwert haben. Vor dem ist derzeit offenbar niemand sicher: Migranten, Wissenschaftler, Kinder. Mehrere Mitarbeiter, und vor allem Mitarbeiterinnen haben in den vergangenen Monaten die Bild-Gruppe verlassen.

Wie es für die mehr als 16 000 Mitarbeitern des Konzerns nun weitergehen soll? Friede Springer sagt dazu, was sie in unruhigen Zeiten gerne sagt: "Gemeinsam mit unserem neuen Partner KKR werden wir dafür sorgen, dass Axel Springer als unabhängiges Medienunternehmen und als Haus des Journalismus weiterhin Bestand und Bedeutung haben wird."

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