Süddeutsche Zeitung

Frauenmagazin:Mut zur Muschi

Gruner + Jahr testet das "F MAG", das seinen jungen Leserinnen "Politik, Sex & Lametta" verspricht. Entwickelt wurde es von Absolventinnen der Henri-Nannen-Schule noch während der Ausbildung. Wird das erste Heft ein Erfolg, geht es weiter.

Von Katharina Riehl

Für die ganz eilige Leserin hat die Redaktion die wichtigsten Botschaften auf bunten Stickern beigelegt. "Nachos statt Machos" heißt einer in Schwarz auf Tortilla-Chips-Gelb, "Diäten sind was für Politiker*Innen" in Weiß auf Erdbeereis. Den Satz "Ich mag meine Muschi" findet man gleich doppelt, einmal auf eine schwarze Katze notiert, einmal auf ein zartrosa gezeichnetes Geschlechtsteil. Und den Claim der Zeitschrift gibt es natürlich auch zum Aufkleben: "Politik, Sex und Lametta".

An diesem Mittwoch erscheint bei Gruner + Jahr ein neues Magazin; F MAG soll Frauen von Anfang 20 bis Ende 30 ansprechen, eher urban, eher gebildet sowie wirtschaftlich und politisch interessiert, sagt Redaktionsleiterin Sara Schurmann. Auf dem Cover prangt zwar das Brigitte-Logo als Seriositätsstempel, doch F MAG schreit seinen Leserinnen auf jeder Seite entgegen, was es nicht sein will: allzu seriös.

Es gibt in Deutschland unzählige Frauenmagazine für alle Altersgruppen und Tonlagen, feministische Hefte dagegen werden meist unabhängig von den großen Verlagen gemacht, das Missy Magazin zum Beispiel, das mit Alice Schwarzers kämpferischer Emma wenig gemeinsam hat. Auch F MAG macht Feminismus kaum zum Thema, versucht sich vielmehr an einer "emanzipatorischen Grundhaltung", sagt die Redaktionsleiterin. Auch Brigitte richtet sich an aufgeklärte Frauen, explizit frauenbewegt war sie allerdings nie. F MAG passe gut zur Philosophie der Brigitte, sagt deren Chefredakteurin Brigitte Huber; es sei eine "radikalere, junge Stimme".

Entwickelt wurde die Idee von Absolventinnen der Henri-Nannen-Schule noch während ihrer Ausbildung. Das Risiko des Verlags ist überschaubar, das Magazin erscheint zunächst nur ein Mal; wenn es keiner kauft, gibt es kein zweites. Aufmerksamkeit für den Verlag bringt es so oder so.

F MAG ist liebevoll gemacht und hat optisch einen gewissen Mut zum Chaos. Inhaltlich zeigt es dagegen das Problem fast aller neuen Frauenmagazine. Die guten Geschichten könnten auch in jedem anderen Magazin stehen, andere standen so ähnlich schon in Neon, dem kränkelnden Junge-Leute-Heft desselben Verlags. Was F MAG unterscheidet, ist der rotzige Ton, der spürbare Wille zum Unangepassten. "Wir diskutieren gern, wir masturbieren gern, und wir lassen uns gern inspirieren", heißt es im Editorial, die Geschichte über junge Bundestagsabgeordnete ist so überschrieben: "Die erste Periode ist etwas Besonderes, die erste Legislaturperiode erst recht"; "Heul nicht, mach doch" heißt die Titelgeschichte. Auch diesen Satz gibt es natürlich als Sticker.

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Quelle:
SZ vom 08.03.2017
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