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Frankreich:Die Chefs nicken

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Die große Senderreform des Landes kommt direkt aus dem Elysée. Nach langer Ankündigung wurden jetzt erste Details bekannt. Allerdings bleibt die Kulturministerin vage, was konkrete Konsequenzen für die Anstalten betrifft.

Von Joseph Hanimann

Unter Emmanuel Macrons Reformen ist diese die zögerlichste. Ein wahres Versteckspiel aus Ankündigungen und Vertröstungen. Im vergangenen Herbst war sie angelaufen und zum Gegenstand wilder Gerüchte geworden, nachdem der Staatspräsident die öffentlichen Medien eine "Schande der Republik" genannt hatte. Nun sollte die große Reform der öffentlichen Medienanstalten in ihren Grundzügen bekannt werden, bevor sie im nächsten Herbst vors Parlament kommen wird. Was die Ministerin für Kultur und Kommunikation, Françoise Nyssen, aber ankündigte, schürt in der Branche nur neue Unruhe.

Das Zauberwort für alles heißt jetzt Plattform

Es geht um eine Grundlagenreform des gesamten öffentlichen Bereichs, der die Anstalten von France Télévisions und Radio France mit ihren zahlreichen Sendern, die Infokanäle France 24 und RFI, das Institut National de l'Audiovisuel (INA) sowie die Programme Arte und TV5 Monde umfasst. Das sind 18 000 Angestellte, davon 2600 Journalisten, und ein Jahresbudget von vier Milliarden Euro. Zusammenlegung der Dienstleistungen, Fokussierung aufs Digitale, Umstrukturierung der Ernennungs- und Aufsichtsinstanzen sowie neue Finanzierungsmodelle - das wird von der Reform erwartet. Mit Einzelheiten dazu hielt sich die Ministerin zurück.

Es gehe ihr um dauerhafte Zusammenarbeit mit den Intendanten, sagte Nyssen. Tatsächlich saßen alle bei der Vorstellung in der ersten Reihe und nickten. Dabei wirkt es so, dass die Fäden dieser Reform eher vom Premierminister gezogen werden und das Muster direkt aus dem Elysée kommt. Schrankenabbau mit dem Ziel eines möglichst geschmeidigen öffentlichen Diensts - die Grundidee der Macronschen Politik macht die Substanz der Reform aus. Dass das Regionalfernsehen France 3 und das regionale Hörfunkprogramm France Bleu näher zusammenarbeiten sollen, leuchtet ein. Und auch, dass man in den digitalen Bereich vorstoßen soll, wofür im nächsten Jahr 150 Millionen Euro veranschlagt sind. Die Frage aber, wie das konkret geht und was dem zum Opfer fallen soll, bleibt offen. Das Zauberwort für die Schaffung jenes "globalen Mediums", das Nyssen vorschwebt, heißt Plattform. Überall, wo zusammengearbeitet werden soll, entstehen nun Plattformen, bei France Info etwa eine Plattform gegen Fake News. Die gute Nachricht lautet, dass die 560 Millionen Euro für Filmproduktion gesichert bleiben. Alles andere wurde vertagt: etwa die Frage, ob nicht alle Anstalten letztlich doch zu einer einzigen Holding zusammengeführt werden. Für Fragen ließ die Ministerin keine Zeit. Kaum war das letzte Wort gesagt, ging sie mit den Intendanten zum Fototermin.

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Quelle:
SZ vom 05.06.2018
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