Wenn an diesem Freitag in der Düsseldorfer Diskothek "Nachtresidenz" Schauspieler und Fans gemeinsam die 4000. Folge der Seifenoper Verbotene Liebe feiern, dann markiert das nicht nur einen Zustand der reinen Freude. Es wird nicht nur das ungewöhnliche Jubiläum an diesem Tag bejubelt, es dürfte sich auch Beschwernis in die Feierlichkeiten mischen. Die speist sich aus Besorgnis über die neue Länge, Besorgnis über den neuen Sendeplatz, Besorgnis über die Zukunft der Serie. Kommenden Montag startet Thomas Gottschalk mit seiner neuen täglichen Show, dazu krempelt die ARD erneut den Vorabend um.
Durchschnittsbürger kommen in Verbotene Liebe kaum vor. Die Familien von Anstetten, von Beyenbach oder von Lahnstein fallen eher mit Adels-Intrigen auf.
(Foto: dpa / ARD / Anja Glitsch)Mit welchem Erfolg, dürfte sich in ein paar Wochen zeigen. Wenn alles glattgeht, findet die Verbotene Liebe, die derzeit noch um 18 Uhr beginnt und erst vergangenes Jahr von 23 auf 45 Minuten verlängert wurde, auch auf dem neuen Platz um 17.50 Uhr mit 38 Minuten Sendelänge ihr Publikum. Wenn es nicht glatt läuft, kann es auch eng werden für die Verbotene Liebe.
Derzeit dümpeln die Marktanteile bei unterdurchschnittlichen 6,9 Prozent der 14- bis 49-jährigen Zuschauer. Zum Vergleich: Die im selben Unternehmen in Berlin produzierte Soap Gute Zeiten, schlechte Zeiten (GZSZ) von RTL schafft im Schnitt immer noch knapp 23 Prozent. Das sind Werte, denen die Verbotene Liebe einst nah war, von denen sie heute nur noch träumen kann.
"Es ist ja nicht so, als gäbe es um 17.50 Uhr kein Publikum", sagt Rainer Wemcken und probiert ein bisschen Optimismus. Der Chef der Produktionsfirma Grundy UFA ist der Gebieter über vier Soaps. Neben der Verbotenen Liebe hat er die drei RTL-Marken GZSZ, Alles was zählt und Unter uns im Angebot. Verbotene Liebe ist sein Sorgenkind.
Gewöhnung an einen Sendeplatz sei ein ganz wichtiges Thema dabei, sagt Wemcken und verweist auf RTL: Wann GZSZ läuft, weiß jeder, bei Verbotene Liebe ist das so eine Sache. Nun müssen sich die Zuschauer an 17.50 Uhr gewöhnen. "Es ist um diese Uhrzeit verdammt schwierig, einen Fuß auf den Boden zu kriegen", weiß Wemcken, "da ist Durchhalten gefragt".
"Unser Ruf ist besser geworden"
Im vergangenen Sommer hat die ARD den von der Bavaria in München fabrizierten Marienhof abgesetzt, nach mehr als 4000 Folgen. Könnte eine Firma wie die Grundy Ufa, die sich brüstet, mit ihren Soaps täglich um die zehn Millionen Menschen zu erreichen, ein Ende der Verbotenen Liebe verkraften? "Verkraften schon, aber es täte sehr weh", sagt Wemcken.
Auch er macht Verbotene Liebe zu schaffen: Thomas Gottschalk ist künftig der unangefochtene Star des ARD-Vorabendprogramms.
(Foto: dpa)Die Sorge um die Serie trifft das Management der Firma zu einem Zeitpunkt, an dem es am liebsten ganz anders denken würde. "Wir möchten unbedingt ein oder zwei Prime-Time-Serien machen", sagt der Grundy-Ufa-Chef, der sich darauf stützt, dass seine Mannschaft inzwischen das Know-how besitzt, auch hochwertiges Fernsehen zu günstigen Preisen herzustellen. "Unser Ruf ist besser geworden. Wir sind nicht mehr die Schmuddelkinder des Fernsehens. Vielleicht aber auch nur, weil uns andere den Ruf abgenommen haben", sagt Wemcken und verweist auf Scripted-Reality.
Natürlich werden Soaps am Fließband produziert. Aber in Sachen Produktionsqualität müssen sie sich nicht mehr verstecken. Beobachtet man eine Weile die Aufnahmen der Verbotenen Liebe in Köln-Ossendorf, wird deutlich, dass man dort ganz offensichtlich weiß, was man tut. Das ist ein großer Unterschied zum Anfangsjahr 1995, als die Verbotene Liebe noch wirkte wie Bauerntheater für verwirrte Groschenromanleserinnen.
Es geht immer noch um die Liebe, es geht immer noch um das Gefälle zwischen einer adeligen und einer bodenständigen Familie. Aber inzwischen kann man den Geschichten gelegentlich Anspruch und Produktionsqualität nicht mehr absprechen.
Dass nun die im November abgedrehte und an diesem Mittwoch ausgestrahlte 4000. Folge die letzte auf dem alten Sendeplatz war, ist reiner Zufall. Trotzdem wirkt der darauf nun direkt folgende Programmierungswechsel wie ein vergiftetes Geschenk zum Jubiläum. In ihrer Verzweiflung richtet die ARD ihren Vorabend derzeit am großen Entertainer Thomas Gottschalk und an den neuen, so bemüht leichten Krimis aus. Alles andere wird an den Rand gedrängt - auch jene, die ihr Jubiläum eigentlich unbeschwert feiern wollten.
Verbotene Liebe, ARD, von kommendem Montag an um 17.50 Uhr.