Finale bei "Arabs Got Talent":Amerikanerin verzaubert Arabien

'Arabs got Talent' - Jennifer Grout

Jennifer Grout aus Boston könnte als erste Nicht-Araberin Arabs got Talent gewinnen.

(Foto: dpa)

Für Szenen wie diese wurden Castingshows erfunden: Eine blonde 23-Jährige aus Massachusetts überzeugt bei "Arabs Got Talent" sogar die Spötter. Wenn auch nicht alle. "Es ist, als wäre ich irgendwo einmarschiert", sagt Jennifer Grout. Aber tun Musiker das nicht dauernd?

Von Sonja Zekri, Kairo

Ist das jetzt Majestätsbeleidigung oder eine Liebeserklärung? Anmaßung oder Huldigung? Also: Darf die das? Es ist, das steht mal fest, ein echter Hammer, ach was, ein Epochenbruch für das arabische Fernsehpublikum. Jennifer Grout, 23, geboren in Cambridge, Massachusetts, könnte am Samstag das Finale der Fernsehshow Arabs got Talent gewinnen, einer "Arabien sucht den Superstar"-Variante aus dem libanesischen Beirut.

Das größte Problem liegt auf der Hand: Grout ist keine Araberin. Sie tut nicht mal so. Sie singt Arabisch, aber sie spricht nur Brocken der Sprache, was die Jury bei ihrem ersten Auftritt zu englischen, französischen und pantomimischen Einlagen animierte. Aber während noch alle zufrieden kicherten, griff die Amerikanerin Jennifer zur Oud, der arabischen Laute, und sang die ersten Worte von "Baid annak" (Fern von dir), einem Lied der arabischen Jahrhundert-Diva Umm Kulthum, das im Original mehr als eine Stunde dauern konnte. (Die Szene können Sie hier sehen).

Und so sanft und geschmeidig glitt Jennifers Stimme dahin, so innig und entschlossen sang das blonde Mädchen, dass die Jury irgendwann verstummte und die vertrauten Worte mitsummte, und der Saal plötzlich begriff: Dies ist jener Augenblick, in dem der absolute Außenseiter die Spötter von den Sitzen haut. Für Szenen wie diese wurde die Show erfunden.

Musiker setzen sich über Grenzen hinweg

Dann gab es einen zweiten Auftritt, die Windmaschine zauste Jennifers Haar und die Federn an ihrem blauen Kleid. Sie schob eine schöne, wenn auch unarabische Koloratur-Einlage ein. Danach stiegen Begeisterung und Empörung in neue Höhen. So oft hätten arabische Sänger den Sound des Westens imitiert, hieß es. Nun singe eine Amerikanerin ohne Arabisch-Kenntnisse auf Arabisch besser als alle anderen. Aber es gab auch die anderen, die sagten: "Geh zurück nach Amerika." Jennifer: "Es ist, als wäre ich irgendwo einmarschiert."

Aber tun Musiker das nicht dauernd? Chinesische Baritone singen die "Zauberflöte", ohne ein Wort Deutsch zu verstehen. Russische Verdi-Interpreten brillieren ohne Italienisch-Kenntnisse. Musiker setzen sich über Grenzen von Sprache und Identität mit einem Atemzug hinweg.

Jennifer Grout beispielsweise, Tochter von Musikern, musiziert, seit sie fünf ist, und entdeckte die libanesische Sängerin Fairuz vor ein paar Jahren. Sie ließ sich eine Oud anfertigen, sang in syrischen Restaurants in Montreal, wo sie damals lebte, zog nach Marrakesch, wo sie die Musik der Berber studierte, dann nach Paris, wo sie arabische Lieder in der U-Bahn sang, am liebsten vor arabischen Passagieren: "Einmal brachte ein Mann alle zum Schweigen, nur um mir zuzuhören", erzählt sie. Und das alles tat sie ohne politischen Hintersinn, aus purer Liebe zur Musik.

Wird das am Samstag im Finale reichen? Darf sie gewinnen? Muss sie? Nun, es gibt Konkurrenz, und ihre gefährlichste Rivalin ist ebenfalls eine Sensation: die 18-jährige Ägypterin Majam Mahmud - eine Rapperin mit Kopftuch.

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