Filmnächte:Schrecken ohne Ende

Im Sommer zeigt ZDF neo jeden Samstag Horrorfilme bis zum nächsten Morgen. Am Stück gesehen machen sie klar, was auch im wesensverwandten Märchen zu ahnen ist - dass es keine wirkliche Rettung und Erlösung geben kann.

Von Fritz Göttler

Blicke können töten, looks can kill, das müssen auf horrende Weise die Bewohner der amerikanischen Küstenstadt Midwich, Einwohnerzahl 2000, lernen. Eines Sommertags hatten sie einen sechsstündigen Blackout, und dabei wurden zehn Frauen auf merkwürdige Weise geschwängert von einer unbekannten Kraft. Die Kinder, die sie dann zur Welt bringen, sind Monster, weißblond, mit unbewegtem Gesicht und bohrenden Augen, mit denen sie die Menschen in ihre Gewalt bringen. Jeden Gedanken an Widerstand erkennen sie telepathisch, und sie reagieren mit äußerster Brutalität.

John Carpenters Das Dorf der Verdammten von 1995 spielt mit Meisterschaft und Lust die Elemente des Horrorgenres durch - das Erwachen und Heranwachsen des Fremden, Außerirdischen, Bösen. Die absolute Hilflosigkeit der Menschen, die Qualen der Fremdbestimmung, die Unfähigkeit, sein eigenes Geschick zu kontrollieren. In sechs Horrornächten wird uns ZDF neo von diesem Wochenende an diesen Gefühlen aussetzen, jeweils von Samstagabend bis Sonntagmorgen, vier oder fünf Filme. Von allen Genres sind die Horrorfilme dem Märchen am nächsten, Horrornächte als Märchenstunden. Am Stück gesehen machen sie klar, was auch im Märchen zu ahnen ist - dass es keine wirkliche Rettung und Erlösung geben kann. Der Schrecken ist ohne Ende. Und will so genossen werden.

Das Dorf der Verdammten hatte es bereits 1960 in einem Film gegeben, damals stand der Kalte Krieg kurz vor seinem Höhepunkt, provozierte Unsicherheit und Untergangsängste. Im neuen Jahrtausend sind ein paar andere Ängste dazu gekommen, von denen die Horrorfantasien sich lebhaft inspirieren lassen: Naturzerstörung, Weltbeherrschungsideologien, heillose Paranoia. Was idyllisch ist, trügt, nichts ist normal im Horrorfilm. Mit immer größerer Brutalität wird jedes mögliche Paradies, jeder Rückzugsort zerstört.

Die Reihe bietet alle Facetten des Genres, den Psychothriller (Der Knochenjäger, mit Angelina Jolie und Denzel Washington) und die Vampir-Lovestory (Let Me In, 2010), die Monster, in Labors gezüchtet (die Riesenspinne in Tarantula, 1955) und Naturkatastrophen in den Fabeln vom weißen Hai, dazu gemeiner, brutaler Terror - in Eden Lake will ein junges, verlobungswilliges Paar ein Weekend am Eden (!) Lake im Wald verbringen, dort fallen die beiden einer mörderischer Bande zum Opfer, besonders der Mann wird grausam malträtiert: der junge Michael Fassbender, der sich dann zum begabten Kinomasochisten entwickeln sollte.

Mit seinen Helden geht der neue Horrorfilm wahrlich nicht sehr behutsam um, nicht mal mit Van Helsing, dem Vampirjäger aus Bram Stokers Dracula-Roman, der im Film Van Helsing kraftvoll reaktiviert wird, dem Startfilm der Horrornächte, mit Hugh Jackman in der Titelrolle und Kate Beckinsale. Eine schrille Fantasy-Wundertüte, in der der Horror sich vereinigt mit dem Superheldenkino.

Sehr viel dezenter und strenger hat dagegen der Märchenonkel Alfred Hitchcock seine Vögel inszeniert, energisch, aber elegant pickend. Die dritte Nacht ist ihm gewidmet, und auch wenn seine Filme nicht der reine Horror sind, spürt man, wie das Genre in ihnen rumort. Die Menschen, die Hitchcocks DDR in Der zerrissene Vorhang - 1966 gedreht! -, bevölkern, sind graue Zombies. Wie die Kuckuckskinder von Midwich signalisieren sie: Ihr könnt uns nicht stoppen. Versucht es nicht.

neoHorror-Filmnächte, bis 1. August immer samstags ab 20.15 Uhr auf ZDF neo.

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