Film:Schweiger-"Tatort" im Kino: Zahlen die Zuschauer doppelt?

Nick Tschiller darf jetzt im Kino "Männersachen" machen. Worum es in "Tschiller: Off Duty" geht und wie viel das "Tatort"-Spektakel gekostet haben soll.

Von Johanna Bruckner

An diesem Mittwoch feiert Teil fünf der Hamburger Tatort-Reihe mit Til Schweiger als Kommissar Nick Tschiller Kinopremiere. SZ.de beantwortet vorab die wichtigsten Fragen.

1) Worum geht es in "Tschiller: Off Duty"?

Der Plot, soweit kommuniziert: Tschillers Erzfeind Firat Astan sitzt in der Türkei in lebenslanger Haft, der Kommissar selbst ist auf unbestimmte Zeit beurlaubt und kümmert sich um seine Tochter Lenny, die nicht über den Tod ihrer Mutter hinwegkommt. Eines Tages verschwindet das Mädchen spurlos, Tschillers Kollege Yalcin Gümer (Fahri Yardim) ortet Lennys Handy in Istanbul. Den Rest müssen - und können - Sie sich denken. Der klassische Tatort-Vorspann wird im Kino übrigens nicht zu sehen sein. Der Film knüpft damit unmittelbar an die vorhergehenden Teile, "Der große Schmerz" und "Fegefeuer", an.

Aber selbstverständlich ist die Handlung " in sich geschlossen und wird auch von jedem Zuschauer verstanden, der die TV-Filme nicht gesehen hat", wie es im PR-Deutsch heißt. Auch sonst läuft die Marketingmaschinerie: Nur ausgewählte Journalisten durften "Tschiller: Off Duty" vorab sehen, das offizielle Berichterstattungsembargo fällt erst am Donnerstag.

2) Wer Teil fünf sehen will, muss für die Kinokarte zusätzlich Geld in die Hand nehmen. Gibt es eine Möglichkeit, "Tschiller: Off Duty" kostenlos anzugucken?

Ja - aber man muss Geduld mitbringen. Frühestens 2017 wird der Film nach NDR-Angaben im Fernsehen zu sehen sein. Nach der TV-Ausstrahlung wird der Tatort auch in der Mediathek verfügbar sein.

3) Ist es das erste Mal, dass ein Tatort auf der Kinoleinwand zu sehen ist?

Nein. Diese Ehre gebührt dem härtesten aller Tatort-Kommissare - also vor Nick Tschiller: Horst Schimanski alias Götz George. Der lief 1985 mit der Episode "Zahn um Zahn" auf der großen Leinwand - ein Titel, der gut über jeder Schweiger-Folge stehen könnte. Auch inhaltlich gibt es verblüffende Überschneidungen: Schimanski wird nach einer Handgreiflichkeit vom Dienst suspendiert und muss fortan als Outlaw den Mord an einer Familie lösen. Dabei lässt er nicht nur die eigenen Ex-Kollegen alt (und blutig) aussehen, sondern die französische Polizei gleich mit. Think international! Es gibt die große Verschwörung, ordentlich Geballer und eine schöne Frau, die das Zeitliche segnen muss, weil sich alles andere nicht mit Schimanskis Lonesome-Cowboy-Image vereinbaren ließe.

Normaler "Tatort": 1,4 Millionen Euro - Kino-"Tatort": acht Millionen Euro

Man könnte fast meinen ... Aber nein, sowas hat ein Til Schweiger nicht nötig. Vielleicht ist Georges Schimanski aber zumindest in anderer Hinsicht vorbildhaft: 1987 gab es mit "Zabou" einen weiteren Duisburger Kino-Tatort - Nick Tschiller könnte also eine feste Kino-Größe werden. Die Bild-Zeitung befindet jedenfalls vorab: "Dieser Schweiger ist so gut wie Bond!"

4) Wie teuer war die Produktion?

Eine konkrete Zahl will die verantwortliche Sendeanstalt, der NDR, nicht nennen und beruft sich dabei auf die "branchenübliche Vertraulichkeit". Gerüchteweise soll der Kino-Tatort acht Millionen Euro gekostet haben. Zum Vergleich: Ein Fernseh-Tatort kostet durchschnittlich etwa 1,4 Millionen Euro - die bisherigen Schweiger-Episoden lagen mit etwa zwei Millionen Euro Produktionskosten schon leicht darüber. Diesen Betrag habe man nun auch in "Tschiller: Off Duty" investiert, lässt der NDR mitteilen.

Kino-Tatort "Tschiller: Off Duty" mit Til Schweiger

Das ist nicht "Mission Impossible". Das ist "Tschiller: Off Duty".

(Foto: 2016 Warner Bros Ent. Alle Rechte vorbehalten.)

5) Wer zahlt das?

Indirekt fließen weitere Zuschauergelder - aus Steuern und dem Rundfunkbeitrag - ein, denn auch das Medienboard Berlin Brandenburg, die Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein und die Filmförderungsanstalt beteiligen sich an der Finanzierung. Solche Institutionen auf Landes- oder Bundesebene haben einen Kulturauftrag - sollen also vor allem auch solche Produktionen fördern, die sonst keine Chance auf Finanzierung hätten.

Die Filmförderungsanstalt (FFA) erhält ihren Etat aus der Filmabgabe, die unter anderem von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten entrichtet werden muss. Die FFA hat "Tschiller: Off Duty" mit gut einer Million Euro gefördert:

  • 556 000 Euro für die Produktion
  • 250 000 Euro für den Verleih
  • 200 000 Euro für Medialeistungen (Werbung etc.)

Das Medienboard Berlin Brandenburg, dessen Etat zu Teilen aus öffentlichen Geldern besteht, hat den Film mit 800 000 Euro unterstützt. Die Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein - komplett steuerfinanziert - hat insgesamt 280 000 Euro zugeschossen. Der ebenfalls aus Steuergeldern gespeiste Deutsche Filmförderfonds (DFFF) hat noch einmal 1,16 Millionen Euro beigetragen.

Der NDR und die Förderanstalten zahlen also zusammen knapp sechs Millionen Euro - sollte das Budget mit acht Millionen Euro richtig angegeben sein, wären das mehr als zwei Drittel der Gesamtsumme. Nur wenn "Tschiller: Off Duty" kommerziell erfolgreich ist, fließt Geld zurück. Zuletzt waren die Schweiger-Tatorte unter den Quotenerwartungen geblieben. Medienboard baut deshalb fürs Erste auf den "Regionaleffekt", wie eine Sprecherin dem Tagesspiegel sagte: Durch die Dreharbeiten in Berlin und den damit verbundenen Mittel- und Personaleinsatz seien zwei Millionen Euro ins Land geflossen.

6) Für wen ist "Tschiller: Off Duty" etwas?

Für große deutsche Kinoketten ist die Sache klar: Dort läuft der Film mit dem Beinamen "Männersachen" - oder wird gleich für einen echten "Männerabend" empfohlen.

Anm. d. Red.: In einer ersten Version dieses Artikels hieß es, der Deutsche Filmförderfonds habe den Tatort mit 1,6 Millionen Euro bezuschusst. Tatsächlich beläuft sich die gemeinsame Produktionsförderung - ohne Verleih und Medialeistungen - von FFA und DFFF auf 1,6 Millionen Euro.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: