Film-Dystopie:Maroder Moloch

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Berlins dreckige Zukunft: "Mute" hat Duncan Jones in der Stadt inszeniert, die seinen berühmten Vater inspirierte.

Von Karoline Meta Beisel

Auf der Rangliste zur Frage, wem Regisseure ihre Filme am häufigsten widmen, dürften Eltern ganz oben stehen. Bei Mute ist die Widmung trotzdem erwähnenswert. Denn Duncan Jones ist der Sohn von David Bowie, Mute der Film, den er nach dessen Tod 2016 gedreht hat, und er spielt in Berlin. Jener Stadt also, die Bowie inspirierte wie kaum eine andere. In seinem Lied Where Are We Now? verglich er das Berlin von 2013 mit der Stadt, die er 40 Jahre zuvor kennengelernt hatte - mit Mute springt sein Sohn jetzt etwa 40 Jahre in die Zukunft.

Wie sieht es also aus, dieses Berlin der Zukunft? Hochhäuser mit riesigen Leuchtreklamen, fliegende Taxis, schlechtes Wetter und untenrum ganz schön schmutzig. Kurz: wie Los Angeles in Blade Runner, aber mit ein paar S-Bahn-, Umleitungs- oder Straßenschäden-Schildern, und mit Poledance-Droiden in altmodischen Nachtclubs, die an Babylon Berlin erinnern. Außerdem scheint jeder Bauzaun mit "Free the 156"-Postern plakatiert zu sein: In Jones' erstem Film Moon spielten 156 Klone eine gewisse Rolle; Mute ist dazu eine sehr lose Fortsetzung.

Neben allerlei Referenzen hat Mute natürlich auch eine eigene Geschichte: Der stumme Barmann Leo (Alexander Skarsgård) sucht seine verschwundene Freundin. In dieser Zukunft wäre es möglich, einem Stummen die Stimme zurückzugeben. Aber Leo ist Amish, auch seine Wohnung sieht eher nach 1958 aus als nach Zukunft. Sprechen müssen in dem Film darum andere, vor allem zwei Amerikaner, die beruflich verwundete Verbrecher zusammenflicken und auch selbst eher zwielichtig sind. Vor allem Cactus (Paul Rudd) zeigt passend zum Rollennamen Emotionen nur dann, wenn es um seine Tochter geht - Jones sagt, Elternschaft sei ein zentrales Thema seines Films.

Wie all das zusammenhängt, erschließt sich dem Zuschauer aber bestenfalls schleppend. Mute ist ein toll aussehender, aufwendig produzierter Film - aber eher etwas für Bowie-Aficionados. Beim restlichen Publikum dürfte vor allem hängenbleiben, dass sich auch in der Zukunft Amerikaner in Berlin manchmal schlecht benehmen.

Mute , bei Netflix.

© SZ vom 23.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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