"Käthe Kruse" in der ARD:Puppenmutti im strengen Korsett

Friederike Becht Fritz Karl und Helena Schönfelder in Käthe Kruse ARD Film

Gruppenbild mit Puppe: Käthe Kruse (Friederike Becht), ihr Mann Max (Fritz Karl) und die Tochter Maria (Helena Schönfelder).

(Foto: ARD Degeto/Rich and Famous Overnight)

Die ARD zeigt mit einem Spielfilm über Käthe Kruse die Geschichte einer Emanzipation. Leider geht dabei das Interesse an den Figuren verloren.

Von Stefan Fischer

Mit Masken kennt sie sich aus, die Schauspielerin Käthe Simon. Aber dass sie nicht auf der Bühne Karriere machen würde, sondern mit einer Manufaktur, in der Puppen hergestellt werden, das kann sie sich lange nicht vorstellen. Zu dominant ist die Sehnsucht nach dem Rampenlicht im Theater. Es ist auch bloß ein läppischer Zufall in einem Moment größerer Verzweiflung, der sie eine Chance erkennen

lässt, die ihr Leben verändern wird. So jedenfalls erzählen es die Regisseurin Franziska Buch und die Drehbuchautorin Sharon von Wietersheim in ihrer Spielfilm-Biografie Käthe Kruse.

Da will die Simon, die nicht mehr am Theater ist und noch nicht Kruse heißt, auf einem Markt selbst gemachte Aprikosenmarmelade verkaufen. Den Aufstrich wird sie nicht los, aber eine Dame würde gerne die Puppe ihrer Tochter kaufen. So wird sie zur Puppenmacherin, ach was, zur Puppenmutter der Nation. Gleich zwei Mal wird Käthe Kruse in dem Film die berühmteste Frau Deutschlands genannt. Zu ihrer Bekanntheit hat sicherlich auch beigetragen, dass sie in den 1920er-Jahren einen Markenschutz-Prozess angestrengt hat, den sie nach langen Jahren für sich entscheiden konnte. Dieses Gerichtsverfahren bildet die Klammer des Films; es steht an dessen Beginn und an dessen Ende. Anstrengen kann sie den Prozess nur, weil ihr Mann, der Bildhauer Max Kruse, darin eingewilligt hatte. So ist die Rechtslage in Deutschland zu dieser Zeit: Die Frau alleine ist nicht voll geschäftsfähig.

Darum geht es im Kern: Um die Emanzipation einer Frau, die stellvertretend für eine Generation steht, aus der sie jedoch durch ihren Erfolg herausgehoben ist. Die private und berufliche Selbstbestimmung, das ist das große Thema des Films. Darüber geht dann allerdings das Interesse an den Figuren verloren.

Alles Reden, alles Tun geschieht in einer stets klaren, eindeutigen Absicht. Nichts wird in der Schwebe gelassen, im Ungefähren, nichts bleibt Spekulation. Käthe, ihr Mann Max, ihr Verehrer David, der Fabrikant Bing, gegen den die Kruse klagt - keiner bewahrt sich ein Geheimnis, eine gewisse Unergründlichkeit. Das macht sie als Figuren durchschaubar und damit schnell langweilig.

Ob die Schauspieler anders nicht konnten, nicht wollten oder nicht durften, ist schwer zu entscheiden. Jedenfalls erklärt Friederike Becht durch ihr Spiel nicht, was einen für Käthe Kruse über ihre Lebensleistung hinaus einnehmen sollte. Warum diese Frau sich gegen ihren Mann durchgesetzt hat und gegen die vielen Männer aus der Geschäftswelt, davon vermittelt der Film keine hinreichende Idee. Auch Fritz Karl verharrt in einem engen Korsett, sein Max Kruse verhält sich verlässlich wie das Pendel einer Standuhr, das in schöner Regelmäßigkeit mal zur einen Seite, mal zur anderen schwenkt; Käthe also mal blockiert und dann wieder gewähren lässt. In keiner Szene handelt Max überraschend. Einzig Rainer Bock gewinnt seiner kleinen Rolle als Warenhausbesitzer Oscar Tietz einen Menschen aus Fleisch und Blut ab. Das ändert an der starren Puppenhaftigkeit von Käthe Kruse allerdings kaum etwas.

Käthe Kruse, ARD, Samstag, 20.15 Uhr.

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