Fernsehfilm:Kölscher Klüngel

Der König von Köln

Bekannt klingende Namen, skurriler Plot: Alleskönner Josef Asch (Rainer Bock) überreicht Valerie Dickeschanz (Judith Engel) und dem Freiherrn Alfred von Hoppenheim (Ernst Stötzner) eine Puppe.

(Foto: WDR/Frank Dicks)

Middeldorf, Dickeschanz, Asch: Das Erste zeigt eine recht eindeutige Satire über wahre Korruptionsaffären. Ein juristisches Nachspiel aber fürchtet der Sender aus anderen Gründen.

Von Hans Hoff

Köln hat es nicht leicht mit sich selbst. Immer wieder geht etwas richtig schief in der Stadt. Da will man eine U-Bahn bauen, dann stürzt nebendran das Stadtarchiv ein; da will man Oper und Schauspielhaus sanieren und landet bei einer Bauzeit, die der des Berliner Flughafens ebenbürtig ist, und bei Kosten, die denen der Elbphilharmonie Konkurrenz machen. Das Schöne in Köln ist, dass so etwas niemanden in der Stadt wirklich stört. Dass sich alle einig sind, dass es sowieso kommt, wie es kommt, weil es immer irgendjemanden gibt, der's schon richtet.

In der Schlüsselszene der WDR-Komödie Der König von Köln ist es der Bauunternehmer und Finanzier Jupp Asch (Rainer Bock), genannt "Der Polier", der während einer Festivität seiner Freunde vom Bankhaus Hoppenheim ein überlaufendes Klo repariert. Er krempelt kurzerhand die Ärmel auf und greift tief in den Abfluss und fördert zur Erleichterung seiner vornehmen Freunde zutage, was den ordnungsgemäßen Betrieb des Aborts behinderte.

Jupp Asch macht alles, kann alles, weiß alles. Deswegen ist er mit vielen verbunden. Man kennt dieses Netzwerk deutschlandweit als Kölschen Klüngel. Der wurde jahrzehntelang tatsächlich als eine Art rheinisches Brauchtum gepflegt. Man kennt sich, man hilft sich, hieß es gerne, weil das charmanter klang, als wenn man von mafiösen Strukturen gesprochen hätte.

Wem nun die Namen Asch und Hoppenheim bekannt vorkommen, der täuscht sich nicht: Da gab es doch wirklich mal ein Bankhaus in Köln und einen Bauunternehmer. Die Bank hieß Oppenheim, der Unternehmer Esch. Jahrelang galten die von beiden gemeinsam betriebenen Oppenheim-Esch-Fonds als beste Anlagemöglichkeit mit traumhaften Renditen. Es hieß aber immer auch, dass die Traumrenditen nur zustande kamen, weil sich Politiker und Entscheider der Stadt Köln über den Verhandlungstisch hatten ziehen lassen und am Ende der Steuerzahler zahlen musste. Die zugehörigen Prozesse endeten mehrheitlich mit Urteilen, die wohl keine Seite wirklich zufriedengestellt haben dürften.

In einer Dokumentation Der Milliarden-Maurer vom Rhein, die am Mittwoch gleich im Anschluss an die wunderbar überdrehte Komödie läuft, zeigen die WDR-Autoren Ingolf Gritschneder und Georg Wellmann, wie dieses kölsche System seit den Neunzigern funktionierte, in dem auch der einstige Managerstar Thomas Middelhoff und die Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz unrühmliche Rollen spielten.

Es ist bereits die neunte Doku zu diesem Thema. Vorab zeigen mag der WDR den Film nicht, denn schon in der Vergangenheit hat man die Erfahrung gemacht, dass das zu juristischen Händeln führen und möglicherweise eine Ausstrahlung verhindern könnte. Auch wenn nichts grundlegend Neues über den Fall Thema sein wird, seien die Empfindlichkeiten immer noch groß, heißt es im WDR. Beim König von Köln war man weniger vorsichtig. "Diese Filmsatire ist inspiriert von tatsächlichen Ereignissen. Sie ist aber Fiktion, die handelnden Figuren sind frei erfunden", heißt es schon im ersten Bild. Damit ist die Bühne frei für einen Schwank aus dem echten kölschen Leben, der so haarscharf an der Kenntlichkeit entlangschrammt, dass es jenen, die da Mist gebaut haben, schwerfallen dürfte, sich nicht betroffen zu fühlen.

"Wir haben diese lockere Form gewählt, weil das so surreal war, was da abging", sagt Michael Souvignier, wenn man ihn fragt, warum die Geschichte um dubiose Bauprojekte eine Komödie und kein Drama wurde. "Wir kriegen das damit so rüber, dass es jeder versteht", sagt der Chef der Firma Zeitsprung, aus der die Idee kam, die Geschichte mal von der leichten Seite zu erzählen.

Und natürlich wollten die Macher auch ein bisschen hinter das Geheimnis der Stadtkultur blicken. "Uns geht es um die Atmosphäre, die Köln ausmacht", sagt der Produzent, der sich so manches dort auch durch das am Ort gängige Schmiermittel erklärt. "Gegen die ganzen Zweifel hat der liebe Gott das Kölsch gemacht", sagt er und zitiert damit den Bauamtsleiter im Film.

"Ich weiß nicht, ob wir uns damit in Köln nur Freunde machen", gibt Souvignier zu. Ihm ist wohl bewusst, dass der Grat, auf dem er wandelt, ein schmaler ist. Er hat Erfahrung mit juristischen Auseinandersetzungen. Sein Film Contergan beschäftigte jahrelang die Gerichte. Diesmal soll das anders sei n. "Wir wollen keine Meinung von einem Richter dazu hören", sagt Souvignier.

Erzählt wird sein Film aus der Sicht eines jungen Mannes vom Bauamt. Unversehens schlittert Andrea Di Carlo (Serkan Kaya) in Abhängigkeiten, als sein von Joachim Król gespielter Chef einen Infarkt erleidet und er zum Amtsleiter aufrückt. Auf einmal ist ihm Jupp Asch gewogen, leistet ihm die eine oder andere Gefälligkeit und will auf lange Sicht natürlich auch eine Gegenleistung sehen.

"Politik heißt, alles so lange im Ungefähren zu halten, bis es nicht mehr zu ändern ist"

Geschrieben hat das Stück Ralf Husmann, den man etwa von Stromberg kennen kann. Husmann ist einer, der sich in Köln auskennt und der weiß, wie man die örtlichen Eigenheiten in kurze weise Sprüche verwandelt. "Politik heißt, alles so lange im Ungefähren zu halten, bis es nicht mehr zu ändern ist", lässt er beispielsweise den Baudezernenten sagen.

Vollends skurril wird es, wenn auch noch Thomas Middelhoff als Thomas Middeldorf (Jörg Hartmann) und Madeleine Schickedanz als Valerie Dickeschanz (Judith Engel) eingeführt werden. Da verabreicht Husmann dann beinahe schon eine Überdosis an absurden Momenten.

Es ist dem Regisseur Richard Huber zu verdanken, dass die Geschichte trotzdem eine feine Logik behält, dass man den durchweg exzellenten Darstellern in jede noch so abwegige Wendung folgen mag und oft annimmt, dass es in Wahrheit wohl genau so und nicht anders gewesen sein muss.

In einer anderen Schlüsselszene schiebt Jupp Asch den Schnösel Middeldorf in einer Schubkarre vor sich her, weil sich der feine Herr die teuren Schuhe nicht mit Baustellendreck besudeln möchte. Es ist ein abgedrehtes Bild, eine kleine Fantasie. Aber es spielt halt in Köln, und da gilt wohl immer noch, was die zuständige WDR-Redakteurin Nina Klamroth über den Film sagt: "In Wahrheit war alles noch viel schlimmer."

Der König von Köln, Das Erste, Mittwoch, 20.15 Uhr. Der Milliarden-Maurer vom Rhein, 21.45 Uhr.

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